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12.12.2025 14:37

Verbrenner-Aus: Stand der Dinge und worum es geht

Umweltvorgaben

Brüssel (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßt den geplanten Kurswechsel der EU-Kommission beim Verbrenner-Aus. Er sagte in Heidelberg: «Wir stellen die Ziele nicht infrage, aber wir müssen einen anderen Weg gehen hin zum Ziel.» Diesen werde die Kommission nach Einschätzung der Bundesregierung in der nächsten Woche wohl gehen, nach allem, was man bisher höre, so Merz. Die Kommission werde die Unterstützung der Bundesregierung haben.

Was genau die Kommission am kommenden Dienstag vorstellen wird, ist noch nicht offiziell bestätigt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick: 

Welche Vorschläge wird die Kommission präsentieren? 

Das steht noch nicht abschließend fest. Der Deutschen Presse-Agentur wurde aus Kommissionskreisen bestätigt, dass eine Abschwächung der CO2-Vorgaben für Neuwagen auf dem Weg ist. Das würde bedeuten, dass die Behörde unter Leitung von Ursula von der Leyen vorschlagen würde, dass auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrennertechnologie zugelassen werden dürfen.

Die Kommission guckt aber auch auf die Rolle von umweltfreundlicheren Kraftstoffen wie Biokraftstoffen, die Rolle von Firmenwagen sowie mögliche Vorgaben für Produktionsanteile in der EU. Zudem soll eine Batteriestrategie vorgestellt werden. Inwiefern Ausnahmen auch für klassische Diesel- und Benzinfahrzeuge gelten oder nur für Plug-in-Hybride und E-Autos mit sogenannten Range-Extendern, bei denen kleine Verbrennungsmotoren die Reichweite erhöhen, ist noch nicht klar.

Wie geht es weiter? 

Die Kommission hat angekündigt, ihre konkreten Vorschläge am Dienstag kommender Woche zu präsentieren. Bis dahin sollen sie vom Kollegium der Kommissarinnen und Kommissare geeint werden, Änderungen sind also noch möglich. Danach haben dann das Europaparlament und die EU-Staaten die Möglichkeit, das Vorhaben abzuschwächen oder zu verschärfen. Am Ende braucht es eine ausreichende Mehrheit in beiden Institutionen. 

Was landete in von der Leyens Postfach? 

Die Meinung zahlreicher EU-Regierungschefs. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach sich etwa im November in einem Brief dafür aus, die Regulierung zum Verbrenner-Aus zu korrigieren. Nach 2035 sollten neben rein batterieelektrischen Fahrzeugen weiterhin Fahrzeuge mit doppeltem Antrieb - also Batterie und Verbrenner - zugelassen werden. Zuvor hatte sich die schwarz-rote Koalition darauf verständigt, sich auf EU-Ebene auch für die Zulassung «hocheffizienter Verbrenner» einzusetzen.

Ende vergangener Woche bekräftigten auch weitere sechs europäische Regierungschefs in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das Aus für Verbrennermotoren dürfe nicht wie geplant kommen. Man müsse abkehren von dem «ideologischen Dogmatismus, der ganze Produktionszweige in die Knie gezwungen habe» und neutral gegenüber verschiedenen Technologien sein. Das Schreiben wurde unter anderem von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban sowie Polens Regierungschef Donald Tusk unterzeichnet. 

Auch Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez schrieb an von der Leyen. Anders als seine Amtskollegen setzte er sich jedoch dafür ein, am Aus für Verbrennermotoren ab 2035 festzuhalten. Lockerungen der Zielvorgaben könnten laut Sánchez die Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze in Europa gefährden. «Wir lehnen es daher ab, dass Verbrennungsfahrzeuge oder andere Technologien ohne nachgewiesene Rentabilität über das Jahr 2035 hinaus weiter vermarktet werden dürfen», schreibt der spanische Politiker. 

Spaniens Stimme hat unter den EU-Staaten hohes Gewicht, da das Land - hinter Deutschland, Frankreich und Italien - die vierthöchste Bevölkerungszahl hat. Frankreich hatte Anfang der Woche ebenfalls ein Schreiben an die Kommission geschickt. Die Regierung bekräftigt darin, dass sie offen für Anpassungen sei. «Wir unterstützen die Einführung gezielter Flexibilität, insbesondere im Bereich der Technologieneutralität, sofern diese mit klaren regulatorischen Anreizen für eine industriefreundliche Produktion in Europa einhergehen und davon abhängig gemacht werden.»

Warum sind Forscher skeptisch und Umweltschützer empört?

Unter Wissenschaftlern löst ein mögliches Aufweichen der Vorgaben für die Autoindustrie oft Stirnrunzeln aus. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Bochum prognostizierte, dass die europäische Autoindustrie im Wettbewerb mit China eher Zeit verliere als gewinne. «Es scheint also eher ein "fauler" Kompromiss zu sein», kommentierte Dudenhöffer. Auch andere Forscher und Ingenieure gehen nicht davon aus, dass Änderungen der Vorgaben für die Autoindustrie mehr als eine kurzfristige Lösung seien.

Achim Kampker, Ingenieur und Professor an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), hält eine Aufweichung der Ziele dagegen für sinnvoll, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhalten. Parallel dazu müssten aber die Rahmenbedingungen für die Batterie- und Wasserstofftechnologie in Deutschland verbessert werden, sagte Kampker dem Science Media Center. 

Die Grünen reagierten entsetzt. «Auf Drängen der Bundesregierung will die EU nun das Verbrenner-Aus 2035 kippen - CDU und SPD sind damit verantwortlich für eine der klimaschädlichsten und gleichzeitig wirtschaftsfeindlichsten Entscheidungen seit Jahren», sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Umweltschützer zeigten sich empört. Pauline Schur vom Naturschutzbund (NABU) teilte mit, die «Rolle rückwärts» sei ein «alarmierendes Signal» für die Klimapolitik und den Industriestandort Europa. Greenpeace Deutschland kritisierte, die EU-Kommission werde zum «Totengräber» der Autoindustrie und des europäischen Klimaschutzes. «Die Chance auf den Weltmärkten für Elektrofahrzeuge wird damit verbaut», sagte der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser. Das sei erschreckend kurzsichtig.



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