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01.08.2025 14:10

«Bedeutender Tag»: Höchstes EU-Gericht schränkt Cas ein

Urteil zur Sportjustiz

Luxemburg/Lausanne (dpa) - Athletinnen und Athleten müssen Entscheidungen des Sportgerichtshofs Cas nicht mehr als verbindlich akzeptieren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) öffnete ihnen mit einem sporthistorischen Urteil den Weg vor ordentliche EU-Gerichte. Dort kann überprüft werden, ob Cas-Schiedssprüche mit der öffentlichen Ordnung, also mit den wesentlichen rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union vereinbar sind. Dies könnte große Auswirkungen auf den Cas haben, der bislang in der internationalen Sportjustiz weitgehend das letzte Wort sprechen konnte.

«Das ist ein bedeutender Tag für die Sportschiedsgerichtsbarkeit», sagte der Sportrechts-Experte Jan F. Orth von der Universität Köln der Deutschen Presse-Agentur. «Der EuGH hat heute die Rechte der strukturell Schwächeren, also vor allem der Athleten und Vereine, gestärkt. Diese können nun immer mehr erreichen, dass ein nationales Gericht die Vereinbarkeit von Cas-Schiedssprüchen mit dem europäischen "Ordre public" überprüft.»

Kartellrecht künftig wohl im Fokus

Der Richterspruch in Luxemburg schränkt den Cas deutlich ein - wie sehr er ihn auf Dauer schwächt, wird sich erst zeigen: Bislang waren die Urteile des Sportgerichtshofs weitgehend final. Einzig das Schweizer Bundesgericht konnte die Entscheidungen des in Lausanne ansässigen Schiedsgerichts noch kippen - und das auch nur bei Verfahrensfehlern.

Doch das ändert sich nun. «Die Gerichte der Mitgliedsstaaten müssen in der Lage sein, die Vereinbarkeit dieser Schiedssprüche mit den Grundregeln des Unionsrechts eingehend zu überprüfen», hieß es vom EuGH-Gericht in Luxemburg. Ein zentraler Punkt dürfte dabei das Kartellrecht sein. Immer wieder klagen Sportler oder Clubs gegen Regeln, die ihnen oft von großen Verbänden auferlegt werden.

Der Cas gab sich in einer ersten Reaktion betont gelassen und wies darauf hin, dass die Sportrichter bereits jetzt EU-Recht anwenden würden, «wenn dies erforderlich ist». Cas-Generaldirektor Matthieu Reeb beteuerte: «Im Dienste der internationalen Sportgemeinschaft wird der Cas weiterhin zeitnah und fachkundig Streitigkeiten weltweit schlichten.»

Belgischer Verein mit juristischem Erfolg über FIFA

Im konkret behandelten Fall streitet sich der belgische Fußballverein RFC Seraing seit mehr als zehn Jahren mit dem Weltverband FIFA über das Verbot der sogenannten Dritteigentümerschaft. Dieses regelt, dass wirtschaftliche Rechte von Spielern nicht an Investoren verkauft werden dürfen. Das Verbot ist in den Regelwerken der FIFA, der Europäischen Fußball-Union UEFA und der nationalen Verbände festgelegt.

Die FIFA hatte dem Club deshalb untersagt, dass externe Investoren Rechte an Spielern erwerben - und ihn 2015 mit einer Transfersperre und Geldstrafe belegt. Der Fall landete vor dem Cas, der im Sinne der FIFA entschied. Auch das Schweizer Bundesgericht hatte nichts daran auszusetzen.

Daraufhin stellte Seraing die Unabhängigkeit des Cas infrage, da dieser durch internationale Verbände finanziert wird. Der Verein zog vor die Gerichte in Belgien. Durch das EuGH-Urteil kann der Streit dort nun noch weitergehen und der RFC Seraing neue Chancen auf einen für ihn günstigen Ausgang haben. 

Die Anwälte des Clubs begrüßten das Urteil: «Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der EuGH dem Verfahrensbetrug ein Ende gesetzt hat, mit dem internationale Sportverbände versuchten, die tatsächliche Anwendung des EU-Rechts zu umgehen, indem sie eine obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit außerhalb der EU einführten.» Das Internationale Olympische Komitee teilte mit, dass man das Urteil sorgfältig lesen werde.

Sportrechtler Orth: «Nicht das Ende des Cas»

Das EuGH-Urteil kommt nicht überraschend - schon die Generalanwältin beim EuGH hatte argumentiert, dass nationale Gerichte in der EU die Schiedssprüche von Sportschiedsgerichten mit Sitz außerhalb der EU überprüfen können müssen. Aus ihrer Sicht werde die Zuständigkeit des Cas im Fußball den Sportakteuren aufgezwungen. 

«Aber es bedeutet nicht das Ende des Cas», stellte Sportrechtler Orth klar. «Die internationale Sportschiedsgerichtsbarkeit bleibt wichtig und sinnvoll, damit wir weltweit einheitliche Standards haben, was die Bewertung sportgerichtlicher Sachverhalte angeht.»

Der Cas entscheidet seit 1984 etwa über Disziplinarstrafen, Transfererlaubnisse und Dopingsperren. Nur wenn dabei grundsätzliche EU-Rechte verletzt werden, können Prozessbeteiligte künftig ordentliche EU-Gerichte anrufen, so die Intention des EuGH.



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