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19.06.2025 05:30

USA und China: Ansehen beschädigt - und der Tourismus leidet

Politikfolgen

München/Peking (dpa) - Im globalen Reiseverkehr haben Krisen und Konflikte der vergangenen Jahre China bislang mehr geschadet als den USA. Die beiden großen deutschen Flughäfen Frankfurt und München melden auch nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump in diesem Jahr bisher einen Anstieg der Passagierzahlen auf den US-Routen, im China-Verkehr hingegen einen Rückgang. Und im direkten Vergleich der jeweiligen weltweiten Besucherzahlen haben die Vereinigten Staaten China seit 2019 überholt. 

Fachwelt erwartet Trump-Krise im US-Tourismus 

Der Münchner Flughafen zählte von Januar bis Mai knapp 1,2 Millionen Passagiere im Flugverkehr mit den USA – fast 37.000 mehr als ein Jahr zuvor. Auch in Frankfurt legten die Fluggastzahlen in den ersten vier Monaten – noch ohne Mai – um 7.600 auf 944.300 zu. Das deutet bisher nicht auf einen riesigen Trump-Effekt. Allerdings ist diesen Daten nicht zu entnehmen, ob die Flieger mehrheitlich mit US-Bürgern oder Europäern besetzt waren. Die Zahlen beinhalten sowohl abfliegende als auch ankommende Passagiere. 

Dass Trumps zweite Amtszeit dem US-Tourismus schaden wird, ist Konsens in der Fachwelt: Nach Schätzung des in London ansässigen Welttourismusverband WTTC und des Beratungsinstituts Oxford Economics kommen auf die USA in diesem Jahr Einnahmeverluste von über zwölf Milliarden Dollar zu, weil Ausländer fernbleiben. Der «Spiegel» widmete der Trump-bedingten Reisekrise die Titelgeschichte seiner jüngsten Ausgabe. 

China-Tourismus: Pandemie wirkt nach, Ukraine-Krieg schadet 

Auf den China-Flugrouten von und nach München und Frankfurt sind die Passagierzahlen in diesem Jahr bereits geschrumpft: um 1.300 auf knapp 203.000 Passagiere während der ersten fünf Monate in München. In den ersten vier Monaten in Frankfurt waren es 180.300 Fluggäste, die nach China flogen oder von dort ankamen, 27.000 weniger als ein Jahr zuvor. Ein quasi identisches Bild zeigt sich auch beim längerfristigen Vergleich der Jahre 2019 und 2024: Gesunkene Passagierzahlen nach und aus China, im Saldo höhere im US-Flugverkehr.

Woran liegt das? «Die Erreichbarkeit Chinas hat sich erheblich verändert», sagt Dennis Utzerath, Tourismusfachmann bei der internationalen Unternehmensberatung BCG in Köln. In der Corona-Pandemie wurde das Flugangebot sehr stark zusammengestrichen. 

Und wegen des Ukraine-Kriegs umfliegen europäische Fluggesellschaften seit 2022 den russischen Luftraum auf teuren Umwegen, chinesische nicht. «Für europäische Fluggesellschaften ist es dadurch erheblich schwieriger geworden, gegen chinesische Airlines wettbewerbsfähig zu sein», sagt Utzerath. Mehrere europäische Fluggesellschaften – darunter die Lufthansa und British Airways – setzten Verbindungen nach China aus. 

Reiseveranstalter sehen wieder steigendes Interesse an China

«Die immer noch schwachen Fluggastzahlen aus Deutschland Richtung China lassen erstaunlicherweise keinen Rückschluss auf die tatsächliche touristische Nachfrage für China zu», sagt Holger Baldus, Sicherheitsmanager beim Münchner Reiseanbieter Studiosus. Hintergrund der Fluggastzahlen seien die Streckeneinstellungen europäischer Carrier Richtung China. Der Reiseanbieter sieht sogar ein erstaunliches Wiedererstarken des China-Tourismus aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, nach Worten des Managers «derzeit von der knappen Verfügbarkeit an Flugsitzen noch gezügelt».

Auch der größte deutsche Reiseveranstalter Tui berichtet, dass das Interesse an China wachse – «aber natürlich von einer recht übersichtlichen Ausgangsbasis», wie ein Sprecher des Unternehmens sagt. 

Chinas Ansehen in der westlichen Welt leidet schon länger 

Offenkundig ist jedoch, dass China seit der Corona-Pandemie international an Attraktivität verloren hat. Reisten 2019 nach offiziellen Zahlen noch knapp 96,6 Millionen Ausländer in die Volksrepublik, waren es 2024 nur noch rund 64,9 Millionen – ein Rückgang von etwa ein Drittel. Der Reiseverkehr in die USA hat sich nach dem Ende der Pandemie deutlich schneller erholt: 2019 zählten die Vereinigten Staaten 79,3 Millionen Besucher, weniger als die Volksrepublik. Im vergangenen Jahr waren es 72,3 Millionen – mehr als in China.

Chinas Ansehen in der westlichen Welt leidet schon erheblich länger als das der USA. Welchen Effekt die Berichterstattung – etwa über staatliche Überwachung und Schnüffelei, brachiale Corona-Lockdowns, Umweltverschmutzung oder Kriegsdrohungen gegen Taiwan – hatte und hat, lässt sich nicht bemessen. 

Tourismus lebt von «positiven Bildern im Kopf»

«Das Thema Image spielt beim Thema China sicher eine Rolle», sagt Unternehmensberater Utzerath. Schlechte Publicity hinterlasse immer Spuren. «Und das liegt weniger daran, dass ein Land „unten durch“ wäre, sondern dass der Fluss an schönen Erfahrungen, positiven Reiseberichten und Eindrücken abreißt.» Damit verlagere sich das Interesse. «Ich würde dem keine übermäßige Dramatik beimessen, aber das zeigt, was für ein volatiles Geschäft Tourismus ist. Die Branche lebt von Schlagzeilen und positiven Bildern im Kopf.»

Dieselbe Volatilität gilt auch für die USA: «Es ist im Moment nicht so, dass viele Schlagzeilen dafür sprechen, ausgerechnet jetzt in die USA zu reisen, wenn man letztes Jahr nicht dort war», sagt Utzerath. Auf der anderen Seite ist der Dollar-Wechselkurs derzeit für Europäer durchaus günstig. 

China braucht Touristen als Stütze einer schwachen Konjunktur 

Anders als die US-Regierung will Peking ausdrücklich mehr Reisende ins Land locken. Mittlerweile hat die chinesische Regierung ihre komplizierte und teure Visapolitik gelockert. Deutsche brauchen für Geschäfts- oder Tourismusreisen kein Visum mehr. Wer einreist, darf mittlerweile 30 Tage bleiben. Diese Regelung gilt auch für zahlreiche andere europäische Länder. 

Auch die Zugänge zum digitalen Bezahlsystem Chinas sind durch übersetzte Apps und Akzeptanz ausländischer Kreditkarten einfacher geworden. Im ersten Quartal dieses Jahres bezifferten die Behörden die Einreisen von Ausländern auf etwa 17,4 Millionen – im Jahresvergleich ein Zuwachs um etwas mehr als ein Drittel.

Peking hofft, dass der Tourismus auch der heimischen Wirtschaft unter die Arme greift. Die schwache Nachfrage und eingetrübte Konsumlaune, die der Wirtschaftsleistung zusetzen, will China auch mit mehr Inlandstourismus wieder ankurbeln. Neue Angebote – etwa speziell für Senioren ausgelegte Zugreisen mit Krankenversorgung und Pflege an Bord – sollen auch die ältere Bevölkerung zu größerem Konsum bewegen.



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