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31.12.2024 14:42

Generationenwechsel bei Würth - nun sind die Enkel dran

KÜNZELSAU (dpa-AFX) - Der als "Schraubenkönig" bekannte Unternehmer Reinhold Würth tritt ab. Mit dem Jahreswechsel übernimmt die jüngere Generation. Sein Nachfolger im sogenannten Stiftungsaufsichtsrat wird Enkel Benjamin Würth. "Ich will nicht per se etwas ändern, aber fortführen und ausbauen", sagte der 43-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle dem Konzern Sicherheit und Verlässlichkeit mitgeben und offen für Neues sein. Auch die von seinem Großvater etablierte Unternehmenskultur wolle er weiterführen. "Ich möchte das Unternehmen agil halten. Dass man im Markt reagieren und agieren kann", sagte Würth. Die Wirtschaft ändere sich ständig. "Morgens beim Aufstehen sieht es anders aus als am Vorabend. Und darauf muss so ein großes Unternehmen reagieren können." Einen 100-Tage-Plan für die erste Zeit gebe er sich aber nicht. Das sei das Schöne an Familienunternehmen: "Ich darf in Abschnitten von vielleicht fünf oder zehn Jahren denken. Was will ich dann erreicht haben? Und darauf muss ich hinarbeiten." Würth senior: "Ich werde es lässiger nehmen" Aus dem Tagesgeschäft des Konzerns war Reinhold Würth bereits vor Jahren ausgestiegen, saß danach aber unter anderem noch dem Stiftungsaufsichtsrat vor. Das Kontrollgremium wacht über die Familienstiftungen, denen die Würth-Gruppe gehört. Sie ist an wichtigen strategischen Weichenstellungen beteiligt. Wie bereits im Oktober angekündigt, zieht sich der 89-Jährige nun weitgehend von seinem Lebenswerk zurück. Das Wort des Unternehmenspatriarchen dürfte künftig zwar weiterhin Gewicht haben in Künzelsau. Groß einmischen wolle er sich aber nicht: "Ich quatsche aus dem Hintergrund vielleicht schon noch ein bisschen rein. Aber ich werde mich zurückhalten", sagte Würth. Sorgen um die Zukunft des Handelskonzerns machte er sich nicht. "Wir haben immerhin eine Eigenkapitalquote, die bei 48 Prozent liegt. Das Unternehmen ist sehr gesund." In Zukunft will Würth senior es lässiger nehmen als bisher und sehr viel privat machen. "Zuerst gehe ich Ende Januar auf mein Boot für einen Monat", sagte er. Das Ziel sei die Karibik. "Wahrscheinlich werden wir British Virgin Islands dieses Jahr machen." Im April steht auch Würths 90. Geburtstag an. Darüber hinaus werden in dem Familienunternehmen zum 1. Januar noch zwei weitere Wechsel vollzogen: Den Vorsitz des Beirats - dieser ist das oberste Überwachungs- und Kontrollorgan der Würth-Gruppe - übernimmt Sebastian Würth von seiner Tante Bettina Würth. Die Kunst- und Kulturaktivitäten führt nach dem Jahreswechsel Maria Würth, ebenfalls eine Enkelin Reinhold Würths. Vom kleinen Betrieb zum Milliarden-Unternehmen Reinhold Würth begann 1949 eine Lehre in der Schraubengroßhandlung seines Vaters. Nach dessen Tod fünf Jahre später übernahm der damals 19-Jährige den kleinen Betrieb. Unter seiner Führung expandierte das Unternehmen in den folgenden Jahrzehnten im großen Stil. Heute umfasst das Sortiment demnach mehr als eine Million Produkte - unter anderem für Handwerks- und Industriebetriebe. Dazu gehören neben Schrauben und Dübeln zum Beispiel auch Werkzeuge und Arbeitsschutz-Artikel. Einen Teil stellt die Firma selbst her. Bei einem Festakt zu seinem 75. Arbeitsjubiläum im Herbst würdigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den 89-Jährigen unter anderem als "innovativen Traditionalisten und traditionsbewussten Erneuerer". Der Kanzler hob auch Würths politische Wortmeldungen hervor. Der Unternehmer hatte im Frühjahr 2024 zum Beispiel mit einem Schreiben Schlagzeilen gemacht, in dem er seinen Beschäftigten in Deutschland davon abgeraten hatte, für die AfD zu stimmen. Der einstige Zwei-Mann-Betrieb hat Würth zum Milliardär gemacht - er zählt heute zu den reichsten Deutschen. Für den Handelskonzern arbeiteten zuletzt weltweit mehr als 88.500 Menschen - davon gut 27.400 in Deutschland. 2023 erzielte die Würth-Gruppe einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro. Gewinneinbruch erwartet Würth übergibt den Konzern aber in wirtschaftlich unruhigen Zeiten. Für das Geschäftsjahr 2024 rechnete der Unternehmer aufgrund der Konjunkturkrise mit einem Umsatzminus von zwei Prozent. Erwartet wurde darüber hinaus ein Einbruch des Vorsteuergewinns um 25 bis 30 Prozent. Die Lage ist Benjamin Würth zufolge schwierig, aber nicht hoffnungslos. Eine Prognose für 2025 sei dennoch schwierig. "Da müssen wir ein bisschen an der Glaskugel reiben, wie es denn aussehen wird." Aber die Auftragseingänge seien am Steigen und es sehe so aus, als ob man die Basis des Ganzen erreicht habe. Für die kommenden zehn Jahre gab sich Würth junior zuversichtlich: "Ich weiß, dass wir weiter wachsen werden", sagte er. Der Markt sei groß. "Ich meine, wir sind Weltmarktführer, haben aber vielleicht weltweit fünf Prozent Marktanteil. Das heißt, es gibt für uns ein unendliches Potenzial zu wachsen." Würth ist bedeutsam für die Region Am Stammsitz in Künzelsau (Hohenlohekreis) ist der Konzern mehr als ein Arbeitgeber. Die ganze Region gilt als Würth-Land: Den Namen tragen dort unter anderem ein naher Flughafen, eine Hochschule, ein Sinfonieorchester sowie ein Kultur- und Kongresszentrum. Würth senior ist zudem Kunstmäzen - und baute in den vergangenen Jahren seine Sammlung immer weiter aus. Zuletzt umfasste sie mehr als 20.000 Werke, die in mehreren Museen in seiner Heimat und an Firmenstandorten im Ausland ausgestellt werden./jwe/DP/he


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