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18.12.2025 06:27

Showdown in Brüssel: EU-Gipfel entscheidet über Russen-Geld

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Ist es ein unverantwortlicher Verstoß gegen internationales Recht - mit unabsehbaren Folgen auch für die europäische Finanzmarktstabilität? Oder einfach ein innovativer und fairer Weg, den Fall der von Russland angegriffenen Ukraine zu verhindern? Über den Plan zur Nutzung von in der EU eingefrorenem Staatsvermögen Russlands für die Ukraine wird seit Wochen mit harten Bandagen gestritten. Heute soll es beim EU-Gipfel in Brüssel zum Showdown kommen. Für die EU, aber auch für Bundeskanzler Friedrich Merz persönlich geht es um viel. Ein Überblick über die Lage in Fragen und Antworten:

Was soll konkret gemacht werden?

Das von der EU-Kommission von Ursula von der Leyen entwickelte Konzept sieht vor, dass sich die EU bei verschiedenen Finanzinstituten Geld leiht, über das Russland wegen Sanktionsentscheidungen der EU derzeit nicht verfügen kann. Dieses Geld soll dann in Form von Darlehen an die Ukraine weitergereicht werden. Russland soll das Geld nur dann wiederbekommen, wenn es nach dem Ende des Angriffskrieges gegen die Ukraine Wiedergutmachung für die entstandenen Schäden leistet.

Die Ukraine müsste dann diese Reparationszahlungen nutzen, um die Darlehen an die EU zurückzuzahlen. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Staatsvermögen zum Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben werden müsste, sollen die beteiligten EU-Staaten Garantien leisten.

Um wie viel Geld geht es?

Nach Berechnungen der EU-Kommission könnten bis zu 210 Milliarden Euro in die Ukraine fließen, 90 Milliarden davon in den kommenden beiden Jahren. Nach Schätzungen des IWF und der Kommission beläuft sich der Finanzbedarf der Ukraine im Zeitraum 2026 bis Ende 2027 auf etwas mehr als 137 Milliarden Euro. Europa will davon zwei Drittel abdecken.

Wo liegen die Gelder, die genutzt werden sollen?

Der Großteil der Summe, rund 185 Milliarden Euro, werden vom Brüsseler Finanzunternehmen Euroclear verwaltet, das sich als sogenannter Zentralverwahrer um die sichere Verwahrung von Wertpapieren kümmert. Weitere rund 25 Milliarden Euro liegen bei anderen Finanzinstituten in Frankreich, Belgien, Deutschland, Zypern und Schweden. Eine sehr kleine Summe hält zudem auch noch der luxemburgische Zentralverwahrer Clearstream.

Warum ist Belgien bislang gegen den Vorschlag?

Die belgische Regierung blockiert den Plan mit Verweis auf rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt. Vor allem fürchtet sie dabei auch um die Existenz des Finanzinstituts Euroclear, das dem belgischen Staat jährlich hohe Steuereinnahmen beschert. Als Risiko wird weiterhin genannt, dass ein Schiedsgericht das Vorgehen als illegale Enteignung wertet und internationale Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzmarkt verlieren.

Ist eine Zustimmung Belgiens ausgeschlossen?

Nein. Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch mitmacht, hat Regierungschef Bart De Wever allerdings drei Bedingungen genannt. Demnach muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Zudem forderte De Wever einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden.

Können die Bedingungen erfüllt werden?

In den vergangenen Wochen und Tagen wurde intensivst daran gearbeitet. Am Ende ist es allerdings am belgischen Regierungschef zu sagen, ob die Zusicherungen ausreichen. Die gewünschten unbegrenzten Garantien wird er nach Angaben von Diplomaten nicht bekommen.

Könnte die Nutzung der Gelder auch gegen den Willen der belgischen Regierung beschlossen werden?

Theoretisch wäre das möglich, da eine sogenannte qualifizierte Mehrheit ausreichen würde, um das Vorhaben zu beschließen. Die Risiken wären allerdings hoch - unter anderem, da Belgien gegen die Entscheidung klagen könnte.

Kritiker des Projekts monieren, dass die Gelder nach internationalem Recht nicht genutzt werden dürften, weil sie durch das Prinzip der Staatenimmunität geschützt seien. Haben sie einen Punkt?

Die Kommission verneint das. Sie argumentiert, dass das festgesetzte russische Staatsvermögen nicht konfisziert werde. Es werden demnach nur Gelder genutzt, die es beispielsweise gibt, weil eine von Russland gehaltene Anleihe seine Fälligkeit erreicht hat. Auch Kanzler Merz sagt, der Vorschlag der EU-Kommission stehe "in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und den internationalen Verpflichtungen".

Und was ist mit dem Argument, dass die Nutzung des russischen Staatsvermögens die US-Initiative zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gefährden könnte?

Der unter anderem von Ungarn und der Slowakei vorgebrachte Einwurf wird von Befürwortern zurückgewiesen. Sie argumentieren, dass gegenüber Russland mit Härte und Entschlossenheit vorgegangen werden müsse. Nur so könne Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch gebracht werden.

Äußern sich die Amerikaner zu dem Thema?

In Brüssel berichten EU-Diplomaten, dass Spitzenvertreter der US-Regierung sich zuletzt zurückgehalten hätten. Die erste bekanntgewordene Version des US-Plans zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sah allerdings vor, dass die Gelder nicht ausschließlich der Ukraine, sondern auch den USA und Russland zugutekommen sollen. Unter dem Druck der Europäer wurde diese Klausel wieder gestrichen.

Als Horrorszenario gilt in Brüssel, dass US-Präsident Donald Trump drohen könnte, jegliche Unterstützung der Ukraine einzustellen, wenn die Europäer das Geld nicht als Verhandlungsmasse zur Verfügung stellen./aha/DP/stk



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