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07.08.2025 16:05

Schweiz nach Zollschock im Krisenmodus

Zölle Schweiz

Bern (dpa) - Schokolade, Käse, Berge, Gold, Banken, Geschäfte - es gibt viel, mit dem die Schweiz weltweit punktet, aber bei US-Präsident Donald Trump beißen die Eidgenossen nun auf Granit. 39 Prozent Zölle auf Schweizer Importe hat er verhängt. Die Schweizer sind bis ins Mark erschüttert. 

Es werde weiterverhandelt, kündigte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter an und machte Mut: «Unsere Wirtschaft hat schon viele Stürme durchstanden», sagte sie. Gleichzeitig verwies sie auf die Unterstützung des Bundes für die Firmen, die durch den Wegfall von Aufträgen aus den USA Kurzarbeit einführen müssen.

Von einem Horrorszenario ist die Rede, von Zehntausenden Arbeitsplätzen, die in Gefahr seien. Wenn an den 39 Prozent nicht mehr gerüttelt werden könne, sei das Exportgeschäft der Schweizer Tech-Industrie in die USA «faktisch tot», schreibt der Verband Swissmem auf X. Damien Cottier, Abgeordneter der Freidemokraten, spricht von einer «Attacke gegen die Schweiz».

Das Neun-Millionen-Einwohnerland lebt vom Export, die USA sind der wichtigste Markt mit 18 Prozent Anteil im vergangenen Jahr. Bislang haben die Schweizer weltweit beste Geschäfte gemacht. Der Wirtschaftsverband frohlockte noch über den neuen Exportrekord 2024, die Handelsbilanz wies einen Überschuss von 66 Milliarden Franken aus. Ohne die USA sieht es allerdings ganz anders aus. Was macht das mit der Schweiz?

Zauberwort Neutralität 

Die Schweizer kochen traditionell gerne ihr eigenes Süppchen. Neutralität heißt das Zauberwort. Möglichst unter dem Radar bleiben, sich mit allen gut stellen, nicht auffallen - das ist die Devise. Im Februar sagte der Historiker Sacha Zala noch, die Schweiz erhoffe sich von dieser Strategie auch, etwa von Strafzöllen verschont zu bleiben. 

«Das kann bis zu einem gewissen Grad funktionieren», meinte er im Sender SRF. Aber es sei «eine falsche Hoffnung zu denken: nur, weil man sich - in Anführungszeichen - gut benommen hat, wird man nicht bestraft.» 

Schon seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine gerät die Schweiz in rauere Fahrwasser. Erst nach einigem Zögern begann sie, die europäischen Sanktionen mitzutragen, sie verweigerten Verbündeten, bereits eingekaufte Schweizer Munition an die Ukraine weiterzuleiten. Bei der Suche nach russischen Oligarchengeldern war die Schweiz nach Ansicht von Kritikern nicht ehrgeizig genug. 

Annäherung an die EU?

Für die Schweizer Sozialdemokraten ist aber klar, wo die Reise hingehen sollte: Richtung EU. «Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Selbstüberschätzung "wir allein gegen die ganze Welt" aufgeben und unseren Weg gemeinsam mit Europa gehen», schrieb die Abgeordnete im Ständerat, Franziska Roth, auf Instagram. Die Wirtschaftsverbände verweisen darauf, dass die Konkurrenz aus der EU mit 15 Prozent US-Zöllen nun markante Wettbewerbsvorteile hat. 

Der Wirtschaftsverband Economiesuisse ist für eine engere Kooperation mit der EU: «Wir sind aufgrund unserer geografischen Lage umgeben von EU-Staaten und haben deshalb ein großes Eigeninteresse, mit der EU in für uns relevanten Bereichen eng zusammenzuarbeiten», schreibt er vor Veröffentlichung der US-Zölle.

Die Schweiz hat der EU in der Vergangenheit mehrmals Absagen erteilt. Als mühsam ausgehandelte bilaterale Verträge mit einem Rahmenvertrag aufgewertet werden sollten, verhandelten sie erst, um dann auf der Zielgeraden 2021 doch wieder abzuwinken. Gegen das neue Vertragswerk opponiert die stärkste Partei, die Rechtsaußen angesiedelte SVP. Einer ihrer Vertreter in der Regierung, Wirtschaftsminister Guy Parmelin, empfahl Firmen, neue Absatzmärkte zu erschließen. 

Schweizer Selbstbild: Die verlässliche Nation

Bundespräsidentin Keller-Sutter macht in dem Desaster eine besonders schlechte Figur. Sie hatte sich im Frühjahr nach einem Telefonat noch gerühmt, sie habe wohl Zugang zu Trump gefunden. Dass das ein Trugschluss war, machte der US-Präsident deutlich, während Keller-Sutter jetzt zu einem letzten Rettungsversuch Hals über Kopf nach Washington flog. 

Noch während die gelernte Dolmetscherin in der Luft war, kanzelte Trump sie in einem Fernsehinterview wie ein Schulmädchen ab: «Sie hat einfach nicht zugehört», gab er ein weiteres Telefongespräch wider. Zeit hatte er für Keller-Sutter nicht, sie musste mit Außenminister Marco Rubio vorliebnehmen.

Keller-Sutter hänge dem Selbstbild der Schweiz als verlässliche Nation nach, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». «Doch was bringt das in einer Welt, in der die Willkür regiert? Was nützt es der Schweiz, berechenbar zu sein, wenn ein Präsident Zollsätze wie Hasen aus dem Hut zaubert?»



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