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27.12.2024 14:04

Börse Frankfurt-News: Normaler, aber längst nicht langweilig (Anleihen 2024)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Politisch und konjunkturell hält der Krisenmodus an, am Anleihemarkt war 2024 aber endlich die Normalität zurück - zumindest halbwegs. Staatsanleihen kamen gut an, ebenfalls viele Unternehmensanleihen. Solange die Bonität stimmte. 27. Dezember 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Sinkende Inflation, sinkende Leitzinsen - das Jahr 2024 stand im Zeichen der Normalisierung nach der extremen Inflation und den starken Leitzinserhöhungen der Vorjahre. Zudem sind die Anleihekaufprogramme der Notenbanken beendet. "Risiken werden wieder richtig bewertet", erklärt Arthur Brunner von der ICF Bank. Normalisiert hat sich auch die Zinsstrukturkurve und ist nicht mehr invers. Die langfristigen Zinsen liegen also endlich wieder höher als die kurzfristigen. "Das Thema Inflation hat den Markt bestimmt wie selten", bemerkt Gregor Daniel, der für die Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank Anleihen handelt. Der deutliche Inflationsrückgang ermöglichte es den Zentralbanken, die Leitzinsen wieder zu senken. Das Niedrig- oder Nullzinsumfeld wie vor der Corona-Pandemie ist aber nicht zurück - es gibt weiter Zinsen. "Das Credo, dass Aktien quasi alternativlos sind, stimmt nicht, Anleihen sind eine Alternative", bemerkt Tim Oechsner von der Steubing AG. Gefragt gewesen seien 2024 vor allem Anleihen bekannter Unternehmen, meist mit Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren - oder ganz langen. Auch die kleine Stückelung von 1.000 oder 2.000 Euro sei wichtig. "Die Zinskupons müssen aber interessant, die Bonität muss gut und das Geschäftsmodelle intakt sein." Steigende Inflationserwartungen für die USA Die EZB hat den Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft dieses Jahr in vier Schritten von 4,25 auf 3,15 Prozent reduziert, die US-Notenbank den Leitzins in drei Schritten, und zwar von 5,5 auf 4,5 Prozent. Die geldpolitischen Entscheidungen wirkten sich allerdings vor allem auf die kürzeren Laufzeiten aus, die im Jahresverlauf sinkende Zinssätze verzeichneten. Für zehnjährige Bundesanleihen und auch US-Treasuries ergab sich in diesem Jahr unter dem Strich hingegen sogar ein Anstieg. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen stieg von 2,14 auf aktuell 2,4 Prozent, bei Schwankungen zwischen 1,93 und 2,71 Prozent. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries erhöhte sich von 4,05 auf 4,62 Prozent, bei Schwankungen zwischen 3,60 und 4,74 Prozent. Jüngster Auslöser für höhere Renditen: Sorgen, dass die Inflation unter US-Präsident Trump wieder steigen wird und die Leitzinsen nicht so stark sinken können. Sorgenfrei war das Jahr ohnehin nicht, auch für die Eurozone. Zweifel an der Bonität Frankreich kamen hoch. Aufgrund der Regierungskrise stieg der Spread gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen auf das höchste Niveau seit der Finanzkrise. Mittlerweile hat sich die Lage etwas beruhigt. "Die Aufschläge sind im historischen Bereich aber immer noch sehr hoch", stellt Brunner fest. Staatsanleihen: Argentinien als "Höhenflieger 2024" Staats- und staatsnahe Anleihen blieben sehr gut nachgefragt, vor allem solche mit kurzen Laufzeiten. Dabei fungierten deutsche und US-amerikanische Anleihen immer wieder als "sicherer Hafen" in Zeiten eskalierender Krisen, etwa in der Ukraine oder Nahost. Meist gehandelte Anleihen an der Börse Frankfurt waren in diesem Jahr Bundesanleihen mit kurzen Laufzeiten, konkret bis 2024, 2025 oder 2026. Daneben standen Staatsanleihen Frankreichs und ?-sterreichs im Fokus, aber auch Bonds aus den USA, Irland oder den Niederlanden. Bei der Steubing AG verzeichneten Bonds des Europäischer Stabilitätsmechanismus (EU000A1U9944), der European Financial Stability Facility (EU000A2SCAG3), der USA (US912810TV08) und Portugals (PTOTEKOE0011) das höchste Handelsaufkommen. Neben US-Dollar waren auch andere Fremdwährungen gefragt. "Fremdwährungsanleihen - insbesondere in türkischer Lira - sind in den letzten Wochen ?entdeckt? worden", berichtet Daniel. Ein Beispiel: Bonds der European Bank for Reconstruction and Development in türkischen Lira mit Laufzeit bis 2036 (XS2795696108). Die Rendite liegt aktuell bei 34,5 Prozent. Die Türkei kämpft derzeit gegen die Inflation, durchaus mit Erfolg. Allerdings lag die Inflationsrate im November immer noch bei 47,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. "Absoluter Höhenflieger" am Staatsanleihenmarkt war Brunner zufolge allerdings Argentinien. Dank Austeritätskurs von Präsident Javier Milei ist das Vertrauen in die Staatsfinanzen des südamerikanischen Staats enorm gestiegen. "Allein seit September ist der Risikoaufschlag fünfjähriger Argentinien-Anleihen gegenüber US-Treasuries von 1.887 auf 661 Basispunkten geschrumpft", berichtet der Händler. Die 2030 fällige Staatsanleihe, die vor Amtsantritt Mileis im Dezember 2023 noch unter 40 Prozent gehandelt wurde, notiert jetzt bei 77 Prozent (US040114HS26). "Gute" Namen sind Renner Im Geschäft mit Unternehmensanleihen waren "gute" Namen beliebt, darunter zahlreiche DAX-Unternehmen. Die höchsten Umsätze im Gesamtjahr verzeichneten bei der Steubing AG Anleihen von Knorr-Bremse (XS1837288494), Mercedes-Benz (DE000A3LH6T7, DE000A2YNZX6), Porsche Automobil Holding (XS2615940215, XS2643320109), RCI Bank, VW, Grenke, Siemens, Deutsche Bank, Deutsche Telekom und Eon. Allerdings machte die Krise in der Auto- und Immobilienbranche vor dem Anleihemarkt nicht halt: Immer wieder gerieten einzelne Bonds unter die Räder, etwa von Autozulieferer Schlote Holding (DE000A2YN256). Auch die Anleihe des Eschborner Autozulieferers Standard Profil Automotive (XS2339015047) verlor deutlich. Betroffen war auch der Bond des Finanzinvestors für Gewerbeimmobilien Publity, der jetzt nur noch bei 11 Prozent (DE000A254RV3) notiert. Gegenüber Anleiheemittent Preos Global Office wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Auch in anderen Branchen geriet so manches Unternehmen ins Straucheln, etwa Agrarhändler Baywa. Im Juli stürzte die Hybridanleihe (DE000A351PD9) nach ersten Meldungen um Probleme im Unternehmen von 95 auf unter 30 Prozent. Nach der ankündigten Sanierung sind es nun knapp 43 Prozent. Mittelstandsanleihen: "Lage herausfordernd" Ganz unterschiedlich entwickelten sich Mittelstandsanleihen. "Für den Mittelstand ist die Lage angesichts höherer Zinsen herausfordernd", meint Brunner. "Die letzten Quartalsberichte lagen in rund drei Viertel der Fälle unter den Erwartungen." Einige Mittelstandsanleihen zeigen sich allerdings weiter sehr stabil und werden über oder um 100 Prozent gehandelt, etwa Abo Energy, Deutsche Rohstoff, Hoermann Industries, Karlsberg Brauerei, Katjes International, Multitude, The Platform Group und Semper Idem. Goldman und Grenke als Spitzenreiter Im Bereich der Unternehmensanleihen wiesen an der Börse Frankfurt Anleihen von Goldman Sachs (XS2149207354), Grenke (XS2155486942), Wells Fargo (US949746SH57), VW (XS1865186677) sowie Mutares (NO0012530965) 2024 die höchsten Umsätze auf. Ebenfalls umsatzstark: Papiere von Südzucker, Mercedes Benz, Porsche, Lufthansa, BMW, Commerzbank, Siemens sowie Bayer und - in US-Dollar - Citigroup und John Deere. Bei den kleineren Adressen stechen Abo Energy, Semper Idem und Karlsberg heraus. Viele Neuemissionen Neuemissionen gab es 2024 zudem reichlich. Neues kam laut Gregor Daniel beispielsweise von großen deutschen Unternehmen wie MTU Aero Engines (XS2887896574), Deutsche Lufthansa (XS2892988275), Fraport (XS2832873355), Mercedes-Benz (DE000A3LSYG8, DE000A382962, DE000A382988) und Eon (XS2791960664), aber auch von ausländischen wie RCI Banque (FR001400N3F1) und kleineren Adressen wie Semper idem Underberg (DE000A383FH4) und Karlsberg Brauerei (NO0013168005). Von Anna-Maria Borse, 27. Dezember 2024, © Deutsche Börse (Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)


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