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09.07.2025 14:38

Unicredit greift nach Commerzbank - Bund nur noch Nummer 2

Übernahmeringen

Frankfurt/Mailand (dpa) - Zuletzt schien das Szenario einer Commerzbank-Übernahme in weite Ferne gerückt, nun folgt die spektakuläre Wende: Die italienische Unicredit steigt zum größten Aktionär der Commerzbank vor dem deutschen Staat auf und zieht einmal mehr den Ärger der zweitgrößten deutschen Privatbank auf sich. Und damit nicht genug: Unicredit-Chef Andrea Orcel deutet weitere offensive Schritte an, die die Mailänder Großbank nahe an ein Übernahmeangebot für die Commerzbank bringen würden. 

Entsprechend verärgert fällt die Reaktion aus Frankfurt aus: «Dieser Schritt ist erneut nicht mit der Commerzbank abgestimmt», teilte der Dax-Konzern mit, der seit Monaten versucht, seine Unabhängigkeit zu bewahren. Die Unicredit aus Mailand hingegen, die bereits über die Hypovereinsbank (HVB) in Deutschland präsent ist, lässt nicht locker: Sie will mit einer Übernahme Synergien zwischen HVB und Commerzbank etwa bei Privat- und Mittelstandskunden heben. 

Die Unicredit hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass sie ihre direkte Aktienbeteiligung an der Commerzbank und damit ihre Stimmrechte von knapp unter 10 Prozent auf rund 20 Prozent verdoppelt hat. Dazu wandelte sie gut die Hälfte der von ihr gehaltenen Finanzinstrumente in Aktien um und überholte den Bund als bisher größten Commerzbank-Aktionär. Der deutsche Staat, der die Commerzbank in der globalen Finanzkrise mit Steuermilliarden vor dem Kollaps bewahrt hatte, hält gut 12 Prozent der Anteile.

Unicredit deutet schon nächste Ziele an

Die Unicredit will nicht nachlassen: Die weiteren rund 9 Prozent, auf die die Großbank über Finanzinstrumente Zugriff hat, will sie nach eigenen Angaben «zu gegebener Zeit» ebenfalls in Aktien umwandeln.

Kommt es dazu, wäre die Unicredit nahe an der Schwelle von 30 Prozent, ab der sie gesetzlich verpflichtet wäre, den übrigen Commerzbank-Aktionären ein offizielles Übernahmeangebot zu machen.

Einstieg über Umwege

Die Italiener waren im September nach dem Teilausstieg des Bundes im großen Stil bei der Commerzbank eingestiegen und hatten sich direkt über Aktien und indirekt über Finanzinstrumente Zugriff auf einen hohen Commerzbank-Anteil gesichert. Erst im März hatte die Unicredit die Erlaubnis der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) bekommen, ihren Anteil an dem Dax-Konzern auf knapp unter 30 Prozent aufzustocken. 

Auch das Bundeskartellamt gab grünes Licht. Bei einer möglichen Commerzbank-Übernahme müsste die Unicredit keinen Widerstand durch die Wettbewerbshüter fürchten, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt nun: «Wenn es zu einer Folgeentscheidung käme, sehe ich nicht, dass wir das anders sehen würden - die Maßstäbe sind immer dieselben, das macht keinen Unterschied.»

Viele hatten das Thema schon abgehakt

Den jüngsten Schritt der Unicredit hatte kaum jemand auf dem Zettel: Noch vor Kurzem hatte Chef Orcel gesagt, die Unicredit sei «weit entfernt» von einem Übernahmeangebot für die Commerzbank. Die Zukunft der Unicredit sei «sehr rosig» - mit oder ohne Übernahmen. Das Thema schien auf die lange Bank geschoben: Die Unicredit könne sich für die Entscheidung über ein formales Kaufangebot für die Commerzbank bis 2027 Zeit lassen, so Orcel. 

Nicht zuletzt ist der Aktienkurs der Commerzbank seit dem Einstieg der Unicredit stark gestiegen, was eine Übernahme verteuern würde. Auch am Mittwoch legten die Papiere zu, inzwischen bringt es die Commerzbank auf einen Börsenwert von mehr als 35 Milliarden Euro.

Bei der Commerzbank stößt die Unicredit auf heftigen Widerstand. Sowohl das Management um Chefin Bettina Orlopp als auch die Arbeitnehmervertreter lehnen eine Übernahme ab. Der Konzern wirbt mit ehrgeizigen Renditezielen und dem Abbau Tausender Jobs für einen unabhängigen Kurs. 

«Die Anpassung der Position der Unicredit hat keine Auswirkungen auf unsere strategische Ausrichtung oder unsere Ambitionen», betont die Commerzbank. Die jüngsten Rekordergebnisse belegten, «dass unser eigenständiges Geschäftsmodell funktioniert».

Orcel beißt in Berlin auf Granit

Auch von der Politik kommt Rückendeckung. Kanzler Friedrich Merz (CDU) stellte sich in einem Brief an Commerzbank-Konzernbetriebsratschef Sascha Uebel hinter die Bank: Die Bundesregierung setze auf eine «starke und unabhängige Commerzbank». Am Mittwoch betonte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, die Bundesregierung lehne das «erneut unabgestimmte und unfreundliche» Vorgehen der Unicredit ab. 

Auch Uebel, der Vize-Aufsichtsratschef der Bank ist, bekräftigte seinen Widerstand: «Meine Haltung und die Haltung des Betriebsrates ändert sich dadurch nicht: Orcel soll von seiner feindlichen Übernahme Abstand nehmen.»

Erst kürzlich hatte Orcel in Briefen an Merz und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) für einen Zusammenschluss geworben und Zugeständnisse bezüglich Filialnetz und Deutschland-Zentrale angeboten - war damit aber abgeblitzt. Nun wird Orcel erneut seinem Ruf als Taktierer gerecht: Er geht aufs Ganze.



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