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15.05.2025 21:56

ROUNDUP: Merz bremst Debatte über Militärausgaben

BERLIN/ANTALYA (dpa-AFX) - Bundeskanzler Friedrich Merz hat versucht, die Debatte über den Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftskraft zu bremsen. "Diese Diskussion um Prozentzahlen vom BIP, das ist eine Hilfskonstruktion, um mal Richtwerte zu haben, in welche Richtung wir denn mit der Aufrüstung der Streitkräfte gehen", sagte Merz in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner".

Stattdessen sollte es seiner Meinung nach mehr um die konkreten militärischen Fähigkeiten gehen: "Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, den europäischen Kontinent aus eigener Kraft heraus verteidigen zu können." Auf die Forderung von US-Präsident Donald Trump, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgeben sollten, ging Merz nicht ein, auch nicht auf die jüngsten Äußerungen seines Außenministers Johann Wadephul (CDU) dazu.

Wadephul hatte sich zuvor bei einem Nato-Treffen in der Türkei öffentlich hinter die Forderung Trumps gestellt. Man folge der Einschätzung des US-Präsidenten, dass dies notwendig sei, sagte er, nachdem er dort erstmals seit Amtsantritt seinen US-Kollegen Marco Rubio getroffen und mit ihm auch die aktuellen Bedrohungen durch Russland thematisiert hatte.

Klingbeil und Pistorius zurückhaltend

Der Koalitionspartner SPD wurde offensichtlich von den deutlichen Äußerungen des Außenministers überrascht - und reagierte zurückhaltend auf die Äußerung Wadephuls.

SPD-Chef Lars Klingbeil betonte in Berlin, im Koalitionsvertrag sei verabredet, dass man sich an die Nato-Fähigkeitsziele halten werde. Nach Angaben aus Bündniskreisen leitet sich die Quote von 3,5 Prozent daraus ab. Höhere Infrastrukturausgaben sind ohnehin verabredet. Die Entscheidung über die Fähigkeitsziele werde auf dem Nato-Gipfel getroffen. "Und dann wird sich Deutschland an diese Verabredung halten", so der neue Finanzminister. Er rate jedem in der Koalition, sich am Koalitionsvertrag zu orientieren.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte: "Entscheidend ist weniger die Prozentzahl. Entscheidend ist, dass die Nato-Fähigkeitsziele, die dann auch festgelegt werden, schnell, umfassend und zeitgerecht erfüllt werden." Natürlich werde am Ende über drei Prozent oder mehr geredet. Im Übrigen wisse auch Wadephul: "Die Aufstellung des Etats für Verteidigung liegt im Einzelplan 14, also in meinem Haus."

Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Deutschland erreichte es 2024 knapp - Staaten wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg waren bis zuletzt aber noch weit davon entfernt.

Fünf Prozent für Verteidigung - Was würde Deutschland das kosten?

Nach Angaben von Merz würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr ein Plus von 45 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben bedeuten. Bei fünf Prozent wären derzeit Ausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Dies wäre eine riesige Kraftanstrengung - selbst wenn künftig deutlich mehr Ausgaben für militärisch nutzbare Infrastruktur eingerechnet werden können. Zur Einordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 466 Milliarden Euro.

Wie eine solche Summe erreicht werden soll, ist völlig unklar, da es wegen der vorgezogenen Bundestagswahl nicht einmal einen Haushalt für das laufende Jahr gibt. Als mögliche Frist für die Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr 2032. Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland spätestens im nächsten Jahrzehnt in der Lage sein dürfte, in Europa einen weiteren Krieg zu beginnen.

Alles nur eine Definitionsfrage?

Bei der Erfüllung eines höheren Nato-Ziels könnte der neuen Bundesregierung helfen, dass auch die Definition von Verteidigungsausgaben erweitert werden könnte. Nato-Generalsekretär Mark Rutte schlägt vor, dass klassische Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausreichen könnten, sofern auch noch 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für militärisch nutzbare Infrastruktur ausgegeben werden. Das könnten etwa Investitionen in Bahnstrecken, Brücken oder Häfen sein.

Deutschland sei "entschlossen, dieses Bündnis stärker zu machen. Wir müssen eng zusammenstehen, gerade in dieser Krisenzeit", sagte Wadephul im türkischen Badeort Belek in der Nähe von Antalya. Nachdem man die Verfassung geändert habe, könne man für Verteidigung ausgeben, was nötig sei. Die Bundesregierung unterstütze den Rutte-Vorschlag vollständig.

Wo das Geld herkommen könnte

In Deutschland war im Frühjahr - vor der Bildung der neuen schwarz-roten Koalition - beschlossen worden, einen bis zu 500 Milliarden Euro schweren Sondertopf einzurichten, mit dem die Instandsetzung maroder Infrastruktur angegangen werden soll. Mit der zeitgleich beschlossenen Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gibt es zudem zumindest eine Grundlage für eine deutlich höhere BIP-Quote.

Wie stark ist die Nato auf Trump angewiesen?

Die Nato will verhindern, dass sich die USA unter dem als unberechenbar geltenden Trump aus dem transatlantischen Verteidigungsbündnis zurückziehen. Denn ohne den atomaren Schutzschirm der USA und ohne die konventionellen militärischen Fähigkeiten des größten Verbündeten gilt das Bündnis nur als bedingt verteidigungsbereit.

Trump hatte schon in seiner ersten Amtszeit immer wieder die aus seiner Sicht unzureichenden Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten kritisiert. Mehrfach drohte er dabei sogar mit einem Nato-Austritt der USA. Trump will nun, dass sein Fünf-Prozent-Ziel im Juni beim Nato-Gipfel in Den Haag beschlossen wird./aha/DP/he



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