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21.09.2025 14:48

Klagewelle vor Finanzgerichten gegen die Grundsteuer-Reform

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Das seit Anfang des Jahres geltende neue Grundsteuer-Gesetz hat eine für die Kläger bislang weitgehend erfolglose Prozesswelle zur Folge: Über 2.000 Immobilieneigentümer hatten und haben Klage eingereicht, wie eine dpa-Umfrage bei den 18 deutschen Finanzgerichten ergeben hat. Spitzenreiter ist Hessen mit 636 Klagen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit gut 425. Hunderte Verfahren ruhen derzeit, weil die Prozesswelle auf die entscheidende Phase zusteuert: 14 Revisionsverfahren haben mittlerweile den Bundesfinanzhof in München erreicht.

Das neue Gesetz betrifft finanziell fast alle

Das Grundsteuer-Gesetz betrifft nahezu die gesamte Bevölkerung: Selbst zahlen müssen zwar nur Eigentümer. Doch können Vermieter die Kosten auf ihre Mieter umlegen. Von großer Bedeutung ist die Grundsteuer für die darbenden Kommunen, da die alljährlichen Milliardeneinnahmen Städten und Gemeinden zufließen. Bis der Bundesfinanzhof als höchstes Steuergericht seine Entscheidungen getroffen hat, setzen die Finanzgerichte in der ersten Instanz ihre Bearbeitung ähnlich gelagerter Fälle aus.

Grundstückswerte hatten mit der Realität nichts mehr zu tun

Ein beträchtlicher Teil der Verfahren in erster Instanz ist jedoch schon erledigt: Die Finanzgerichte haben viele Klagen abgewiesen, in etlichen anderen Fällen haben die Eigentümer ihre Klagen wieder zurückgenommen.

Doch woher rührt die Klagewelle? Das neue Grundsteuer-Gesetz gilt seit Anfang des Jahres. Notwendig war die Novelle, weil das Bundesverfassungsgericht die frühere Regelung 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte. Die der Grundsteuer zugrundeliegenden Grundstückswerte waren im Westen seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden, im Osten seit 1935.

Der Wert von Immobilien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten je nach Region aber ganz unterschiedlich entwickelt. "Auch die geringe Höhe einer Steuer rechtfertigt die Verwendung solcher realitätsfernen Bewertungsregeln nicht", heißt es in dem nunmehr sieben Jahre alten Karlsruher Urteil.

Freie Hand für die Länder

Die Grundsteuer-Reform geriet schließlich zu einem äußerst komplizierten Flickwerk: Da etliche Landesregierungen gegen die Vorschläge des Bundes rebellierten, ließ dieser den Ländern mit einer Öffnungsklausel freie Hand: Sie konnten sich für das sogenannte "Bundesmodell" entscheiden oder eine eigene Regelung treffen. Davon Gebrauch machten Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Dementsprechend muss der Bundesfinanzhof nun Grundsatzentscheidungen in Serie treffen.

Manche Eigentümer zahlen mehr, andere weniger

Im Saldo soll die neue Grundsteuer "aufkommensneutral" sein. Das bedeutet aber keineswegs, dass auch jeder Eigentümer nun genau so viel oder wenig zahlen müsste wie zuvor. Einzelne profitieren, für andere wird es teurer. Die Kommunen können individuelle Hebesätze für die Grundsteuer festlegen.

Im Bundesmodell sind für die Berechnung maßgeblich der Bodenrichtwert und die Nettokaltmiete. Außerdem fließen unter anderem Größe und Art des Grundstücks ein sowie das Alter des Gebäudes. Bayern entschied sich für ein sehr viel einfacheres Modell, bei dem die Fläche den Ausschlag gibt, Hessen wählte einen ähnlichen Weg. Dennoch sind in Hessen gut zehnmal so viele Klagen eingegangen wie im weiß-blauen Freistaat. In Baden-Württemberg sind es Grundstücksfläche plus Bodenrichtwert.

Haus & Grund kritisiert Steuer-"Ungeheuer"

Da viele Städte und Gemeinden finanziell in Not sind, fürchten etliche Eigentümer Steuererhöhungen. Der Eigentümer-Verband Haus & Grund kritisierte die Reform schon früh als "Grundsteuer-Ungeheuer". "Wir unterstützen aktuell Verfahren in Chemnitz, Düsseldorf, Köln und Berlin/Brandenburg, die allesamt schon beim Bundesfinanzhof liegen", sagt Sibylle Barent, Syndikusanwältin des Verbands. Diese Klagen richten sich allesamt gegen das Bundesmodell.

Der Bundesfinanzhof bereitet derzeit für den November die ersten mündlichen Verhandlungen zum Bundesmodell vor, wie eine BFH-Sprecherin sagt. Die Termine sind aber noch nicht endgültig festgelegt. Die Ländergesetze sollen dann ab 2026 an die Reihe kommen. Langwierig wird also auch die Rechtsprechung./cho/DP/stw



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