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18.06.2025-

KORREKTUR/ROUNDUP: Deutsche Industrie verliert im Wettbewerb mit China an Boden

(Im zweiten Satz des ersten Absatzes wurde ein Tippfehler in der Summe der deutschen Ausfuhren 2024 korrigiert: Die deutschen Exporte sind um 1,7 Prozent auf 1,55 Billionen Euro gesunken - nicht 1,65 Billionen.)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die deutsche Industrie verliert im Wettbewerb mit ihrer erstarkten Konkurrenz aus China an Boden. Die deutschen Exporte sind im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt um 1,7 Prozent auf rund 1,55 Billionen Euro gesunken. Die chinesischen Ausfuhren hingegen legten nach Pekinger Zahlen um 7,1 Prozent auf über drei Billionen Euro zu (25,4 Billionen Yuan), wie ein Vergleich der Handelsbilanzen zeigt. Gefährlich für die deutsche Industrie sind nach Einschätzung von Ökonomen und Fachleuten die Preiskämpfe chinesischer Firmen auf ihrem Heimatmarkt und deren Überkapazitäten.

Die aus deutscher Sicht ernüchternden Zahlen sind kein einmaliger Ausreißer. Die chinesische Regierung vermeldete ein Exportwachstum im achten Jahr in Folge, in Deutschland gab es bereits 2023 einen deutlichen Rückgang.

China wird für die deutsche Industrie vom Erfolgs- zum Risikofaktor

Wie sehr sich die Welt für die deutsche Industrie verändert hat, lässt sich an vielen Indikatoren ablesen. Zwei Beispiele: Auf der Hannover Messe waren 2014 500 chinesische Aussteller vertreten, im vergangenen Jahr 1.145. Der VW -Konzern lieferte 2018 weltweit noch 10,1 Millionen Pkw aus. Im vergangenen Jahr waren es 8,6 Millionen - ein Rückgang von fast 15 Prozent.

Hauptursache war der Misserfolg in China: Dort lieferte der Wolfsburger Konzern fast 1,3 Millionen Pkw weniger aus als sechs Jahre zuvor, obwohl der chinesische Automarkt in der Zwischenzeit größer und nicht kleiner geworden ist. Die dortigen E-Auto-Hersteller haben die Deutschen - nicht nur Volkswagen - weit hinter sich gelassen.

"Bis zum hundertjährigen Bestehen der Volksrepublik 2049 möchte China Technologieführer sein, vielleicht sogar der weltweite Technologieführer", sagt Philipp Böing, Ökonom und Professor für Empirische Innovationsforschung mit Schwerpunkt China an der Goethe-Universität Frankfurt und dem ZEW Mannheim. "Die politischen Maßnahmen waren nicht immer effizient, aber sie waren zumeist effektiv."

Das Ziel: Selbststärkung

Nach den ersten Wirtschaftsreformen Ende der 1970er warb Chinas Kommunistische Partei jahrzehntelang um die Ansiedlung ausländischer Industrieunternehmen, die im Gegenzug Zwangspartnerschaften mit chinesischen Firmen eingehen mussten. Für die deutsche Industrie war das ein Glücksfall, denn viele Jahre stiegen Verkaufszahlen, Umsätze und Gewinne.

Doch die Pekinger Industriepolitik hatte es nie darauf angelegt, ausländische Konzerne groß und stark zu machen. Ziel war von Beginn an "ziqiang", die "Selbststärkung". Ausländischen Managern war in der Regel nicht bewusst, dass ihre Präsenz in der Volksrepublik für die chinesische Führung nur Mittel zum Zweck war. Eine ähnliche Strategie der Selbststärkung mit Hilfe ausländischer Technologie gab es schon im 19. Jahrhundert - damals erfolglos. Im zweiten Anlauf ist die Aufholjagd geglückt.

Lehrling übertrumpft Meister

"Die chinesischen Wettbewerber haben immer weiter aufgeholt und sind zunehmend in Produktbereichen und Industriesegmenten aktiv, in denen die deutsche Industrie traditionell sehr gut aufgestellt war", sagt Böing. Insbesondere in Bereichen der Digitalisierung und der generativen künstlichen Intelligenz seien chinesische Firmen "teilweise schon über die technologische Leistungsfähigkeit deutscher Wettbewerber hinausgeklettert".

In Deutschland sei die Industrieproduktion bereits seit zehn Jahren rückläufig, sagt Jens Burchardt, Industriefachmann und Partner bei der internationalen Unternehmensberatung BCG. Hauptursache sei die im internationalen Vergleich teure Energie. "Das Problem der höheren Energiepreise wird absehbar nicht verschwinden, weil diese sich hierzulande auf einem Niveau einpendeln, das deutlich über dem anderer Länder liegt."

Gefahr für die deutsche Industrie sieht Burchardt in erster Linie für energieintensive Branchen wie die Grundstoffchemie, an zweiter Stelle für den Automobilsektor. "Die Elektromobilität wird bereits Anfang der 2030er mehr als die Hälfte des Weltmarkts ausmachen. Deutsche Hersteller werden nur dann ihre aktuelle Rolle erhalten können, wenn sie bei elektrischen Antrieben eine ähnlich große Rolle spielen wie traditionell bei Verbrennern." Erst dahinter, "aber trotzdem materiell", sieht die BCG eine Gefahr durch wachsende chinesische Konkurrenz für deutsche Unternehmen in Sektoren wie Maschinenbau und Elektroindustrie.

Chinas Schuldenproblem

Doch der chinesische Erfolg hat einen hohen Preis. Viele Firmen haben auf Kredit große Überkapazitäten aufgebaut. Die Verschuldung des chinesischen Privatsektors - das sind Haushalte und Unternehmen ohne Finanzbranche - hat astronomische Ausmaße erreicht und beläuft sich nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds mittlerweile auf über 300 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts, Tendenz steigend. Manche Ökonomen warnen seit über einem Jahrzehnt, dass in China eine große Finanzkrise schlummert.

"Typischerweise hat sich da die Strategie durchgesetzt, relativ lange auf Profite zu verzichten, ganz stark zu skalieren und zu versuchen, Wettbewerber einige Jahre lang in Schach zu halten und eines von den wenigen überlebenden Unternehmen zu sein", sagt Ökonom Böing. "Für einige Jahre ist das ein reines Verlustgeschäft und es geht nur um die Skalierung." Das bedeutet: Ein Unternehmen produziert umso kostengünstiger, je mehr Stückzahlen es fertigt. "Die Produktion kann häufig im chinesischen Binnenmarkt gar nicht absorbiert werden und geht dann halt in den Export."

Überkapazitäten für deutsche Firmen "extrem gefährlich"

Allein der riesige Heimatmarkt ist ein Vorteil für chinesische Firmen. "Bei Windturbinen etwa können chinesische Wettbewerber aufgrund des extremen Zubaus im eigenen Markt sehr viel Know-how und technische Kompetenzen aufbauen", sagt BCG-Berater Burchardt. "In China entstehen in sehr vielen Technologien große neue Produktionskapazitäten, die die chinesischen Hersteller in extreme Preiskämpfe zwingen, so dass sie außerhalb Chinas neue Absatzmärkte finden müssen." Das sei für deutsche Unternehmen "extrem gefährlich".

In der Breite habe Deutschland nach wie vor in vielen Bereichen technologisch führende Industrie, sagt Burchardt. "Sie sieht sich jetzt aber einem Wettbewerber gegenüber, der auch für viele moderne Technologien einen deutlich größeren Heimatmarkt hat, auf insgesamt niedrigerem Produktionskostenniveau produzieren kann und offensichtlich geringerem Kapitalmarkt- und Renditedruck ausgesetzt scheint."

Technologiewettbewerb entscheidet Systemwettbewerb

Die weitere Entwicklung hängt nicht zuletzt vom weiteren Verlauf der von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskonflikte ab. "Prognosen abzugeben, ist wegen der schlagartigen Politikwechsel in den USA relativ schwer", sagt Ökonom Böing.

Eine dauerhafte Entspannung erwartet er nicht: "Dahinter steht aus meiner Sicht der Systemwettbewerb zwischen China und dem Westen, insbesondere den USA." Über den Erfolg dieses Systemwettbewerbs werde der Technologiewettbewerb entscheiden. "Die Zölle sind jetzt quasi eine Lupe, mit der wir uns das anschauen. Ich denke, dass es da in Zukunft immer wieder auch anders gelagerte Konfrontationen im Bereich des Handels, im Bereich des Innovationswettbewerbs geben wird."/cho/DP/stk

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