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30.07.2025 10:37

ROUNDUP: Deutsche Wirtschaft geht geschwächt ins neue Zoll-Zeitalter

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die deutsche Wirtschaft geht geschwächt in das neue Zoll-Zeitalter mit den USA. Im zweiten Quartal dieses Jahres ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal 0,1 Prozent niedriger ausgefallen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Zuvor hatte es zum Jahresauftakt noch ein unerwartetes Mini-Wachstum gegeben, das auf 0,3 Prozent (zuvor: 0,4 Prozent) revidiert wurde. Das Plus hatten Experten vor allem auf Vorzieheffekte auf die damals nur angekündigten US-Zollschranken zurückgeführt.

Deutlich schwerere Exportbedingungen

Seit dem Wochenende ist zumindest in groben Zügen geklärt, unter welchen deutlich schwierigeren Bedingungen die exportorientierte deutsche Wirtschaft noch Waren in den USA absetzen kann. In den Verhandlungen mit der EU-Kommission hat US-Präsident Donald Trump "asymmetrische", also einseitige Zölle von 15 Prozent auf Importe aus der EU durchgesetzt. Zuvor hatte die US-Regierung mit 30 Prozent Zoll gedroht und auf bestimmte Waren wie Stahl, Aluminium oder Autos schon vorab höhere Sätze verlangt, die teils fortbestehen.

Vor allem Investitionen in Ausrüstungen und Bauten sind von April bis Juni niedriger ausgefallen als im Vorquartal, berichtet das Statistikamt. Die privaten und staatlichen Konsumausgaben stiegen dagegen preis-, saison- und kalenderbereinigt an.

Konzentration auf Europa?

Nach Einschätzung von Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater wurde im zweiten Quartal zumeist abgewartet, wie sich die außenwirtschaftlichen Bedingungen entwickeln. "Für Deutschland gilt ganz klar: In dem Maß, in dem sich die Weltmärkte verschließen, muss sich die wirtschaftliche Dynamik auf den eigenen Wirtschaftsraum in Deutschland und Europa konzentrieren."

Die für die deutsche Wirtschaft wichtigen Autoexporte in die USA wurden bereits seit April mit 27,5 Prozent Zoll belastet und sollen nun zum 1. August auf 15 Prozent sinken. In den USA hergestellte Autos sollen perspektivisch ganz ohne Zoll nach Europa exportiert werden können. Rund zwei Drittel dieser Ausfuhren kommen allerdings deutschen Herstellern zugute, die in den USA Werke betreiben und die dort gebauten Autos exportieren.

Milliardenschwerer Schaden erwartet

Wie andere Handelspartner der USA müssen die Deutschen mit Einbußen in Milliardenhöhe rechnen. "Die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen durch diese Zölle", hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eingeräumt. Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel können allein die Auto-Zölle das deutsche Inlandsprodukt um 0,15 Prozent schmälern.

Grundsätzlich verteuern Zölle europäischen Waren in den USA, was zu einer verringerten Nachfrage führen dürfte. Sie werden daher als Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung gesehen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet negative Folgen für Unternehmen, die stark auf die USA angewiesen seien, etwa in der Pharmaindustrie, der Autoindustrie und im Maschinenbau.

"Ein Deal mag die Unsicherheit für Unternehmen leicht senken - doch US-Zölle von 15 Prozent schaden der deutschen Wirtschaft", sagt auch die Leiterin des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft in München, Lisandra Flach. Sie rechnet mit einem negativen Effekt von minus 0,2 Prozent auf das deutsche Bruttoinlandsprodukt.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) blickt nach dem Zollabkommen hingegen optimistischer auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland als zuvor. Weil die Zollsätze geringer ausfielen als erwartet, könne die Bundesrepublik im laufenden Jahr ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent schaffen. Zuvor hatte die Organisation mit Sitz in Washington noch eine Stagnation prognostiziert.

Warten auf öffentliche Aufträge im Inland

Die konjunkturelle Grundtendenz in Deutschland hat die Bundesbank schon vor dem Zollabkommen als schwach eingeschätzt, weil auch die Binnennachfrage nicht anspringt. Zwar habe sich die Stimmung in der Wirtschaft aufgehellt mit der Aussicht auf milliardenschwere Investitionen der Bundesregierung. Ein Schub für die Wirtschaft werde aber erst verzögert kommen.

Konkrete Aufträge etwa an die Bauindustrie lassen auf sich warten. Zugleich blieben die Industriebetriebe schwach ausgelastet, und Verbraucher halten ihr Geld zusammen. Commerzbank -Chefvolkswirt Jörg Krämer ist für das kommende Jahr verhalten optimistisch: "Für 2026 erwarten wir weiter ein recht starkes Wachstum von 1,4 Prozent, weil die Bundesregierung in großem Umfang Ausgaben aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen verschiebt und die freigewordenen Mittel rasch ausgibt und die Konjunktur so anfacht."

Die deutsche Wirtschaftsleistung war bereits in den vergangenen beiden Jahren leicht geschrumpft, im ersten Vierteljahr 2025 legte das Bruttoinlandsprodukt hingegen überraschend zu. Mit dem Zollabkommen droht nun der deutschen Volkswirtschaft erstmals ein drittes Rezessionsjahr in Folge./ceb/DP/mis



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