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13.12.2025 13:28

Keine Final-Touristinnen: DHB-Frauen planen für den WM-Titel

Handball

Rotterdam (dpa) - Der Final-Auftrag von Bundeskanzler Friedrich Merz erreichte die deutschen Handballerinnen im Partybus zurück ins Rotterdamer Hotel. «Jetzt heißt es: voller Einsatz für den letzten Schritt. Ganz Deutschland fiebert mit», schrieb der CDU-Politiker nach dem Sensationssieg gegen Frankreich im WM-Halbfinale. Zugleich sprach Merz der DHB-Riege damit Mut für die angepeilte Gold-Krönung am Sonntag (17.30 Uhr/ARD/Sporteurope.TV) gegen Norwegen zu. 

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte, er war ebenfalls zum Finale eingeladen, kann nach Angaben aus dem Bundespräsidialamt jedoch nicht auf der Tribüne sitzen. «Aber die Daumen sind gedrückt», hieß es weiter. Zum Endspiel kommen wird Sport-Staatsministerin Christiane Schenderlein (CDU), wie eine Regierungssprecherin mitteilte.

Ein Sieg mit «ganz viel Strahlkraft»

Bevor die deutschen WM-Heldinnen im Bus einmal mehr ihre Mallorca-Party-Playlist starteten, war eine Spielerin nach der anderen kopfschüttelnd durch die Interviewzone getrottet. Bei Antje Döll und Xenia Smits flossen nach dem 29:23 gegen Frankreich ein paar Tränen. Alina Grijseels war einfach sprachlos, bei Emily Vogel machte sich nach dem ersten Pflichtspielsieg gegen den Weltmeister seit exakt 20 Jahren ein Gefühl von Genugtuung breit. 

«Es ist eine absolute Belohnung und ganz viel Strahlkraft, die wir entwickelt haben, und ich freue mich einfach, eine fucking Silbermedaille mit nach Hause zu nehmen», sagte Vogel und blickte immer wieder ungläubig in die Kameras. «Krank oder? Geflennt habe ich bisher noch nicht. Das heißt, dass ich es bisher noch gar nicht realisiert habe», scherzte die 27-Jährige, die für ihre emotionalen Ausbrüche bekannt ist. 

Norwegen als «ultimativer Endgegner»

Abgesehen von der kleinen Busparty zum insgeheimen WM-Song «Baila Baila» hielt sich das DHB-Team nach dem emotionalen WM-Wunder von Rotterdam mit Feierlichkeiten zurück. Bloß keine Extra-Körner vergeuden, bevor in Topfavorit Norwegen der «ultimative Endgegner» wartet, wie es DHB-Sportvorstand Ingo Meckes formulierte. 

Die DHB-Frauen haben sich damit das Millionenpublikum und die große Bühne erarbeitet, nach der sie sich so lange gesehnt haben. Das Spiel gegen die Équipe Tricolore sahen in der ARD rund drei Millionen Menschen. 

Wer dachte, dass sich die deutsche Riege mit ihrem größten Erfolg seit 1993 schon zufriedengibt, liegt falsch. «Jetzt wollen wir mehr. Wir sind jetzt einen Schritt von der totalen Eskalation entfernt», sagte Team-Küken Nieke Kühne noch in der Interviewzone. Gegen die bislang ungeschlagene Übermannschaft aus Norwegen, die im Vorjahr schon den Olympiasieg und den EM-Titel feierte, braucht es die nächste Leistungssteigerung.

Vogel: «Wie geil wäre es...»

Der Großteil der Mannschaft war noch nicht auf der Welt, als Andrea Bölk, Mutter von Emily Vogel, 1993 in der magischen Nacht von Oslo mit ihren Teamkolleginnen Geschichte schrieb. «Wie geil wäre es, wenn wir die Geschichte wiederholen. Es ist noch ein Spiel. So dicht dran waren wir noch nie. Wir werden uns 60 Minuten zerreißen», kündigte Vogel an. Dann kämpfte sie sich durch zu Mama Andrea und fiel ihr in die Arme.

Währenddessen war Gaugisch schon in Gedanken bei Gegner Norwegen. Intensive Stunden Videonanalyse, um das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. «Wir sind nicht als Touristen hier. Wir können am Sonntag hier die Bude abreißen, meinetwegen auch die ganze nächste Woche», sagte der 51-Jährige und stellte ein paar feuchtfröhliche Tage in Aussicht. 

Das Selbstvertrauen ist so groß wie nie. Exakt 20 Jahre nach dem bislang letzten Sieg gegen Frankreich spielte Deutschland die Équipe Tricolore phasenweise her. «Es war ein unglaubliches Statement. Wir haben den Weltmeister über 60 Minuten beherrscht. Im Stile einer Spitzenmannschaft», sagte Meckes und strotzte vor Stolz.

Vogel: Habe mich immer vor die Kameras gestellt

Spielerinnen und Trainerteam werden nicht müde, zu betonen, dass der Teamspirit der größte Faktor für die Leistungsexplosion ist. «Jede Spielerin nimmt ihre Rolle hier an. Es gibt keine Neidkultur. Es gibt nur Gemeinsamkeit. Jeder nimmt sein Ego und stellt es hinten an», berichtete Gaugisch, der die Sensation als Einziger weitgehend emotionslos hinnahm. «Ich bin einfach zufrieden, aber hungrig», beschrieb er seinen Gefühlszustand.

Leistungsträgerinnen, die in den letzten Jahren oft kritisiert wurden, haben sich in die Form ihres Lebens gespielt. Etwa Rückraum-Shooterin Vogel, der Gaugisch im Frühjahr die Kapitänsbinde entzogen hatte. Gegen Frankreich machte die 27-Jährige eines der besten Spiele ihrer Karriere. «Ich habe mich immer vor die Kameras gestellt und die Kritik abgefangen fürs Team. Aber es ist natürlich auch eine große Wohltat, Komplimente einzufangen und auch da das Gesicht hinzuhalten», berichtete Vogel strahlend.

Wechseln ohne Qualitätsverlust

Hinzu kommt Kapitänin Döll, die von der Außenposition oder dem Siebenmeterpunkt fast nach Belieben trifft. Viola Leuchter, die aus dem Rückraum abhebt und die Bälle mit teils über 90 Kilometern pro Stunde in das Netz knallt. Oder eine durchweg herausragende Torfrau Katharina Filter, die sich auf die Weltklasse-Abwehr verlassen kann. 

«Wir können wechseln, ohne dass ein Qualitätsverlust da ist. Die Mannschaft ist so zusammengewachsen im letzten halben Jahr. Das ist jetzt so eine Einheit», schwärmte Meckes und schickte eine Kampfansage an die Norwegerinnen: «In der Form muss uns erst mal jemand schlagen».



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