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17.07.2025 08:50



FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Auf neue Zollgeschichten reagieren Anleger mit Short-Positionen und Aktienverkäufen. Ob das ein Zeichen von Pessimismus weißt Verhaltensökonom Goldberg.

17. Juli 2025. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Er hat es getan: Am vergangenen Wochenende kündigte US-Präsident Donald Trump an, er werde zum 1. August neue Einfuhrzölle in Höhe von 30 Prozent auf Importe der EU in die USA erheben. Aber die Börsianer reagierten am Ende doch besonnen auf diese Nachricht, obwohl das Börsenbarometer ausgehend vom neuen Allzeithoch aus der vergangenen Woche zeitweise 2,7 Prozent an Wert verlor. Am Ende blieb gegenüber der Sentiment-Erhebung vom vergangenen Mittwoch lediglich ein Minus von 1,1 Prozent bestehen.

Vor allem die internationalen Fondsmanager, so die gestern publizierte Umfrage der Bank of America (BoA), blieben trotz aller Unwägbarkeiten wegen möglicher US-Zölle gelassen. Zwar erwarten netto 31 Prozent von ihnen ein weltweit schwächeres Wachstum in den kommenden Monaten, aber gemessen am April-Wert, als noch netto rekordhohe 82 Prozent von einem solchen Szenario ausgingen, scheinen sich die Vermögensverwalter an Ungemach und Drohungen vom US-Präsidenten fast schon gewöhnt zu haben. Und die Kassehaltung ist mit 3,9 Prozent auf einem Niveau, wo mancher Kommentator bereits ein antizyklisches Verkaufssignal (für den S&P 500) wittert. Mehr noch: Aktien der Eurozone erfreuen sich noch stärkerer Beliebtheit als zuvor, denn 41 Prozent der Befragten gaben an, dort übergewichtet zu sein, ein neues Vierjahreshoch.

Vorsichtige heimische Investoren

Überhaupt nicht gelassen scheinen dagegen die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont die Situation hierzulande zu sehen. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index zeigt wieder einmal eine starke Verschiebung und gibt gegenüber der Vorwoche um 34 Punkte nach, auf einen neuen Stand von -30. Es handelt sich um das niedrigste Niveau seit Anfang 2024. Im gleichen Zuge ist das Bullenlager um 17 Prozentpunkte geschrumpft, wobei sich die ehemaligen Optimisten direkt um 180 Grad gedreht und auf die Bärenseite gewechselt sind. Im besten Fall wurde dieser Positionswechsel am Allzeithoch vor einer Woche getätigt, zumindest scheinen viele der gedrehten bullishen Positionen profitabel gewesen zu sein.

Eine Entwicklung in die ähnliche Richtung zeigen die Privatanleger bei der heutigen Befragung. Auch in diesem Panel stellen wir einen deutlichen Stimmungswechsel fest: Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index fällt dort um 17 Punkte auf einen neuen Stand von -6 (Jahrestief). Dabei ist das Bärenlager um 11 Prozentpunkte gestiegen - die Veränderung speist sich etwa zu gleichen Teilen aus ehemals bullish und neutral orientierten Anlegenden. Dabei beobachten wir eine gleichgerichtete Entwicklung zwischen Privatanlegern, die wir über Social Media befragen, und den übrigen Panelisten, wobei die Aktivität bei Letzteren deutlich höher gewesen ist.

Pessimismus auf Rekordniveau

Mit der heutigen Befragung wird deutlich, dass die Zoll-Drohungen aus den USA nicht spurlos an Privatanlegern und institutionellen Investoren hierzulande vorbeigegangen sind; die Sentiment-Indizes beider Panels zeigen den höchsten Pessimismus in diesem Jahr an. Allerdings handelt es sich im historischen Zusammenhang noch nicht um Extremwerte, aber das Ruder ist - vielerorts verstärkt durch vorherige Gewinne - offenbar noch rechtzeitig herumgerissen worden. Interessanterweise haben sich zumindest die Teilnehmer unserer Umfrage kaum getraut, während des jüngsten DAX-Rücksetzers Käufen in die Schwäche zu wagen.

Im Gegensatz zu den vorgenannten internationalen Investoren, die die BoA zumindest bis zum 10. Juli, also vor Verkündigung der Handelszölle für die EU, befragt hatte, haben sich die heimischen Vermögensverwalter offenbar gegen das Schlimmste abgesichert. Vielleicht auch mit der Absicht, auf niedrigerem Niveau wieder als Nachfrager zurückzukommen, erstmals wahrscheinlich im Bereich von 23.750/23.800 DAX-Zählern. So gesehen ist der DAX also längst nicht verloren. Im Gegenteil: Wenn die heutigen Short-Positionen im Falle eines deutlichen Kursanstiegs wieder zurückgenommen werden müssten, wäre genügend Masse für eine veritable Shortsqueeze vorhanden.

von Joachim Goldberg

16. Juli 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)



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