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12.06.2025 13:57

Neue Konjunkturprognosen: Wirtschaftskrise endet 2026

Vorübergehend schöne Aussicht

München (dpa) - Die deutsche Wirtschaft wird ihre längste Krise seit 1949 im kommenden Jahr voraussichtlich überwinden. Vier Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Erwartungen für 2026 zum Teil kräftig erhöht. So rechnet das Münchner Ifo-Institut nach dreijähriger Stagnation für das kommende Jahr mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 Prozent. Das wäre fast doppelt so viel wie die ursprünglich angenommenen 0,8 Prozent. 

Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) sagt nunmehr für 2026 eine Wachstumsrate von 1,6 Prozent voraus. Auch das Essener Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) erwartet ein kräftiges Plus von 1,5 Prozent. Etwas weniger optimistisch ist das Leibniz- Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) mit einer erwarteten Zunahme von 1,1 Prozent. Die längerfristigen Aussichten für die nächsten Jahre allerdings sind laut Ifo unverändert mager.

2025 nur Mini-Wachstum in Aussicht

«Die Krise der deutschen Wirtschaft hat im Winterhalbjahr ihren Tiefpunkt erreicht», sagte Ifo-Konjunkturchef Wollmershäuser. Auch für das laufende Jahr erwarten die vier Wirtschaftsforschungsinstitute eine etwas bessere Entwicklung als noch im Frühjahr. Unter anderem erhöhte das Ifo seine Prognose für dieses Jahr von 0,2 auf 0,3 Prozent, das IWH von 0,1 auf 0,4 Prozent. 

Damit wird nach jetzigem Stand auch in diesem Jahr in Deutschland wirtschaftlich nicht viel vorangehen. 2023 und 2024 war die Wirtschaftsleistung geschrumpft. «Und das ist in der deutschen Nachkriegsgeschichte die mit Abstand längste Stagnationsphase, die wir jemals hatten», sagte Wollmershäuser. «Die Frühindikatoren bestätigen unsere Einschätzung, dass die Industrie nach zweijähriger Talfahrt nun – auf niedrigem Niveau – ihren Boden gefunden hat», sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths. 

Wachstumspaket der neuen Bundesregierung hilft 

Ein Grund für die verbesserten Erwartungen ist das angekündigte Wachstumspaket der neuen Bundesregierung. Das Ifo-Institut schätzt den wirtschaftlichen Effekt der angekündigten Ausgabenerhöhungen, Steuersenkungen und Investitionen in diesem Jahr auf 10 Milliarden Euro, im kommenden auf 57 Milliarden Euro. 

«Wichtig ist jetzt, dass den Ankündigungen der Bundesregierung auch Taten folgen», sagte RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt. Der Wissenschaftler kritisierte Rufe aus den Ländern nach Ausgleich für sinkende Steuer-Einnahmen. Das behindere nur die Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum in Deutschland. «Verzögerungen können wir uns aufgrund der Vorsprünge anderer Volkswirtschaften nicht mehr leisten», sagte Schmidt.

Längerfristige Perspektive unerfreulich

Denn für die zweite Hälfte des Jahrzehnts sind die Aussichten nach Wollmershäusers Worten «ziemlich mau». «Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir im Schnitt mit weniger als einem halben Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts wachsen werden.» Das Ifo-Institut schätzt das mittelfristige jährliche Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft auf lediglich bei 0,3 bis 0,4 Prozent.

Grund ist die «demografische Wende», wie Wollmershäuser sagte. «2025 ist das erste Jahr, in dem das Erwerbspersonenpotenzial sinkt.» «Dieses schrumpfende Arbeitsangebot können wir im Grunde nur durch Produktivitätsfortschritte aufrechterhalten, und bei denen sieht es derzeit auch ziemlich mau aus.»

Arbeitskräfte fehlen

Deutschland muss aus Sicht der  Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Frauen und ältere Menschen besser in den Arbeitsmarkt integrieren - etwa mit Hilfe besserer Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und weniger Anreizen, früher in Rente zu gehen. «Der Fachkräftemangel droht zu einem großen Hemmnis für das Wirtschaftswachstum zu werden», heißt es in einem OECD-Bericht.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche sagte, es sei wichtig, länger und flexibler zu arbeiten. Sie sprach sich für grundlegende Reformen bei Rente und Gesundheit aus. «Das Thema Belastung durch Sozialabgaben ist ein Thema», sagte die CDU-Politikerin in Berlin. 

Prinzip Hoffnung in Sachen Trump

Die erhöhten Konjunkturprognosen für dieses und nächstes Jahr beruhen zu einem guten Teil auf der Annahme, dass der von der US-Regierung angezettelte Handelskonflikt mit der EU ein gutes Ende nehmen wird. «Der zunehmende Optimismus speist sich vermutlich auch aus der Hoffnung, dass mit der neuen Koalition der wirtschaftspolitische Stillstand endet und es im Handelsstreit mit den USA zu einer Einigung kommen wird», sagte Wollmershäuser zu den Erwartungen der Unternehmen. Auch RWI und IWH unterstellen in ihren Erwartungen, dass der Streit mit den USA nicht eskaliert. 

US-Politik bleibt Gefahr für das Wachstum in Deutschland

Doch bislang ist der europäische Streit mit den Vereinigten Staaten nicht gelöst. «Ein erhebliches Risiko für die deutsche Konjunktur liegt in einer möglichen Eskalation der US-Handelskonflikte», betonte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Die von Präsident Donald Trump bereits erhöhten Einfuhrzölle auf derzeitigem Niveau würden laut Ifo das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um 0,1 Prozentpunkte und 2026 um 0,3 Prozentpunkte senken. Bei einer Einigung im Handelskonflikt könnte das Wachstum höher ausfallen, bei einer Eskalation eine erneute Rezession drohen.

Inflation und Arbeitslosenquote stabil

Einen Wiederanstieg der Inflationsrate erwarten die Institute nicht. Die Teuerung dürfte laut Ifo-Prognose in diesem Jahr bei 2,1 Prozent und im Jahr 2026 bei 2,0 Prozent liegen. Auch die Arbeitslosenquote könnte demnach 2026 wieder leicht sinken.



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