01.10.2024-
ROUNDUP: Lufthansa erwartet für Sommer gute Zahlen - Kernmarke bleibt Sorgenkind
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Lufthansa rechnet nach zwei Gewinnwarnungen in Folge für das wichtige Sommerquartal wieder mit guten Zahlen. "Wir haben eine wieder mal enorm starke Nachfrage erleben dürfen, die es uns erlaubt hat, einen wahrscheinlich kommerziell sehr erfreulichen Sommer abzuliefern", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Montagabend vor Journalisten am Frankfurter Flughafen. Während er sich von Konzerntöchtern wie Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings gute Ergebnisse verspricht, sieht der Manager die Hauptmarke Lufthansa immer mehr als Sorgenkind.
Diese Zweiteilung im Unternehmen habe zuletzt noch einmal zugenommen, sagte Spohr mit Blick auf die erwarteten Zahlen des gerade abgelaufenen dritten Quartals. Im ersten Halbjahr hatte Lufthansa Airlines als Kernmarke auch wegen teurer Streiks und hoher Betriebskosten rote Zahlen geschrieben. Inzwischen verlegt das Management mehr Flüge auf günstigere Flugbetriebe in- und außerhalb des Konzerns. Ziel müsse sein, dass Lufthansa Airlines "zum 100. Geburtstag 2026 wieder unser Aushängeschild ist und nicht mehr unser Problemkind", sagte Spohr.
Über eine zu geringe Ticketnachfrage kann die Lufthansa hingegen nicht klagen. "Wir hatten erstmals in der Geschichte der Lufthansa einen August mit 88 Prozent Auslastung", berichtete der Konzernchef. Dies sei viel. Denn für einen Flug, auf dem die Hälfte der Sitze leer bleibe, benötige man sechs ausgebuchte Flüge, um wieder auf einen Schnitt von 88 Prozent zu kommen.
Schwierigkeiten bereitet dem Konzern weiterhin der Personalmangel an den Flughäfen. Zwar habe die Lufthansa für über 10 000 zu besetzende Stellen mehr als 250 000 Bewerbungen bekommen, sagte Spohr. Die Dienstleister am Boden fänden aber nicht genügend Mitarbeiter. Die Passagiere bekämen das etwa zu spüren, weil sie nach der Landung lange auf ihr Gepäck warten müssten - oder weil die Flüge selbst erst mit Verspätung starteten.
Erschwert wird die Lage durch steigende Gebühren für den Flugverkehr in Deutschland und die Engpässe bei den Flugzeugherstellern. Der Konzern vermisse mehr neue Flugzeuge von Boeing , als er bei der Hauptmarke Lufthansa Airlines von Boeing aktuell in Betrieb habe, sagte Spohr.
Derzeit fehlten dem Unternehmen 41 Großraumjets des kriselnden Herstellers, die eigentlich schon ausgeliefert sein sollten. Dagegen seien bei der Lufthansa-Hauptmarke derzeit nur 32 Boeing-Maschinen im Einsatz. Allein 15 neue "Dreamliner" für Lufthansa stünden bei Boeing am Boden, dürften aber auf Geheiß der US-Luftfahrtbehörde FAA nicht ausgeliefert werden. Die Auslieferung des noch größeren Typs 777X liegt wegen der Boeing-Krise weiterhin auf Eis. Der Hersteller steht wegen Produktionsmängeln und Zwischenfällen unter verschärfter Aufsicht der US-Behörden.
Derweil kämpft der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus aus Europa mit fehlenden Bauteilen für neue Maschinen und kann die immense Nachfrage nach neuen Jets kaum befriedigen. Die Lufthansa fliege deshalb derzeit 23 ältere Langstreckenjets von Airbus und Boeing länger als geplant, erklärte Spohr. Seinen Flugplan hat der Konzern wegen der fehlenden neuen Jets bereits ausgedünnt.
Für das laufende Jahr rechnet die Lufthansa seit dem Sommer nur noch mit einem operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro. Ursprünglich hatte Spohr ein Ergebnis etwa in Höhe der 2,7 Milliarden Euro von 2023 in Aussicht gestellt, musste seine Prognose aber zunächst im April und dann noch einmal im Juli kappen.
Branchenexperte Andrew Lobbenberg von der britischen Bank Barclays zeigte sich zuversichtlich, dass die Lufthansa eine dritte Gewinnwarnung dieses Jahr vermeiden kann. Als Gründe führte er den gesunkenen Kerosinpreis und wieder steigende Erlöse auf der Kurzstrecke an. Der Lufthansa-Aktie traut er absehbar einen Kursanstieg auf 9,50 Euro zu. Dazu müsste der Aktienkurs aus heutiger Sicht um mehr als 40 Prozent steigen.
Am Vormittag legte das Papier zeitweise um rund dreieinhalb Prozent zu und lag um die Mittagszeit noch mit rund zwei Prozent im Plus bei 6,71 Euro. In den vergangenen Wochen hatte das Papier bereits deutlich zugelegt, wird aber noch rund 17 Prozent billiger gehandelt als zum Jahreswechsel./stw/men/stk |