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22.11.2024 09:38

Ökonomen-Stimmen zur Abwärtsrevision der deutschen Wirtschaftsleistung

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal nur minimal gewachsen. Von Juli bis September legte das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt in einer zweiten Schätzung mitteilte. Ende Oktober hatte die Wiesbadener Behörde anhand vorläufiger Daten noch ein Wachstum von 0,2 Prozent für Europas größte Volkswirtschaft errechnet.

Ökonomen-Stimmen im Überblick:

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank:

"Die Wachstumsdetails zeigen, wo der Schuh drück. Es sind die Investitionen. Die Anlageinvestitionen gingen im dritten Quartal um 0,2 Prozent zurück. Die Unternehmen sind mit zu vielen Unabwägbarkeiten konfrontiert. Zu nennen ist dabei die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die offensichtlichen Deglobalisierungstendenzen und die bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Energiepreise. Und häufig zu beobachten ist auch, dass es Unternehmen nicht an Aufträgen, sondern an Arbeitskräften fehlt. Schon jetzt belastet der demografische Wandel das Wachstum schwerwiegend. Auch die Bauinvestitionen waren im dritten Quartal rückläufig. In Anbetracht noch immer vergleichsweiser hoher Zinsen und hoher Immobilienpreise kommt dies alles andere als unerwartet."

Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg:

"Faktisch tritt die Wirtschaftsleistung in Deutschland auf der Stelle - bestenfalls. Erfreulich ist allenfalls, dass sich der private Verbrauch nun endlich etwas besser entwickelt. Wenn man die Zahlen zur Bruttowertschöpfung betrachtet, gab es ein Minus in eigentlich allen marktnahen Wirtschaftszweigen. Gewachsen sind eigentlich nur der öffentliche Dienst und das Gesundheits- und Erziehungswesen. Mehr oder weniger sind das Bereiche, die von Beiträgen und Steuern finanziert werden. Insgesamt unterstreichen die Daten einmal mehr das Ausmaß der aktuellen Krise in Deutschland."

Claus Vistesen, Volkswirt bei Pantheon Macroeconomics:

"Die deutsche Wirtschaft kam im dritten Quartal kaum voran und setzte damit den Trend fort, dass es in der größten Volkswirtschaft der Eurozone praktisch kein Wachstum gibt. Die Abwärtskorrektur hatte sich nach den negativen Überraschungen bei der Industrieproduktion und dem Außenhandel im September (...) angedeutet."

Andreas Scheuerle, Leiter Industrieländer bei der Dekabank:

"Deutschland befindet sich in einer quälend langen Stagnationsphase. In toxischer Art und Weise verbinden sich seit geraumer Zeit konjunkturelle und strukturelle Probleme in Deutschland. Während sich die konjunkturellen Belastungen allmählich ausschleichen, bleiben wir auf den strukturellen Problemen so lange sitzen, bis die Politik den großen (Reform-)Wurf wagt."

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING:

"Auch wenn die deutsche Wirtschaft eine Sommerrezession vermieden hat, droht eine Winterrezession. Über den Winter hinaus werden die deutschen Wachstumsaussichten stark von der Fähigkeit der neuen Regierung abhängen, die Binnenwirtschaft inmitten eines möglichen Handelskriegs und einer noch stärkeren Industriepolitik in den USA zu stärken."

/la/mis

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