14.12.2023-
ROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss: EZB fährt der Dax-Rekordrally in die Parade
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) ist am Donnerstag dem Dax auf seiner Rekordjagd in die Quere gekommen. Anders als von der US-Notenbank Fed blieben klare Signale für baldige Zinssenkungen von den europäischen Währungshütern aus. Nach dem erstmaligen Sprung über die 17 000-Punkte-Marke hemmte dies im Tagesverlauf die anfangs noch entfesselten Anleger.
Der deutsche Leitindex pendelte sich nach einem Spitzenanstieg um 1,4 Prozent noch knapp im Minus ein. Aus dem Handel ging er 0,08 Prozent tiefer bei 16 752,23 Punkten. In der Spitze war er bis auf 17 003 Punkte gestiegen und hatte seine Jahresendrally damit zeitweise auf mehr als 16 Prozent ausgedehnt. Der MDax dagegen legte am Donnerstag deutlich um 2,92 Prozent auf 27 198,24 Punkte zu. Hier wurde Nachholbedarf ersichtlich, denn er hat in diesem Jahr bislang deutlich weniger gewonnen als der Dax.
Die EZB ließ die Zinsen im Euroraum zum zweiten Mal in Folge unverändert. Anders als von der Fed am Vorabend gaben die Europäer aber nicht offen zu, in ihren Reihen über Zinssenkungen zu diskutieren. Laut dem ING -Ökonomen Carsten Brzeski hat die Präsidentin Christine Lagarde damit die aggressiven Zinserwartungen zurückgedrängt. Am Markt hieß es, die Anleger preisten für 2024 nun wieder eine Senkung des Eurozonen-Leitzinses um weniger als 1,5 Prozentpunkte ein.
"Die heutige Sitzung markiert das Ende des aktuellen Zinserhöhungszyklus. Sie zeigt aber auch, dass es noch ein langer Weg ist, bis die EZB mit der Zinssenkung beginnt", zog der ING-Experte Brzeski ein Fazit. Er erwähnte, dass die Währungshüter wohl aus Fehlern in der Vergangenheit lernen und nun nicht vorschnell umfangreiche Zinssenkungen in Aussicht stellten.
Das anfängliche Vorpreschen des Dax über die 17 000er Marke war noch mit überraschend klaren Worten der Fed begründet worden. Nach deren Aussagen zeichnen sich 2024 in den USA etwa drei Zinssenkungen ab. Laut dem Marktbeobachter Andreas Lipkow richten sich die Blicke nun auf den Verfall an den Terminbörsen. Dieser habe am Freitag das Potenzial, noch einmal für Schwankungen an den internationalen Finanzmärkten zu sorgen.
Auf Seiten der Einzelwerte blieb die Zinsfantasie vereinzelt erhalten. Immobilienwerte zum Beispiel verteidigten hohe Kursgewinne, weil die Finanzierungsbedingungen bei fallenden Zinsen wieder günstiger werden. Dies mindert die Kosten und kann die Nachfrage am Wohnungsmarkt wieder ankurbeln. Vonovia etwa kletterten im Dax um 7,8 Prozent nach oben. Patrizia im SDax gewannen sogar mehr als 16 Prozent an Wert.
Siemens Energy und Zalando toppten die Rally im Dax allerdings noch mit einem Anstieg um jeweils mehr als neun Prozent. Diese beiden Werte gehören 2023 bislang zu den drei größten Verlierern im deutschen Leitindex. Auch sie werden generell zu den stärker zinssensitiven Indexmitgliedern gezählt.
Dagegen belastete ein Bericht des "Spiegel" über den möglichen Verkauf von Staatsanteilen zwei Dax-Werte: Die Titel der Telekom büßten 3,6 Prozent ein und jene von DHL verloren 1,1 Prozent. Laut dem Magazin will die Bundesregierung mit den Verkäufen die Sanierung der Deutschen Bahn finanzieren.
Im Fokus stand zudem einmal mehr der Antikörper-Spezialist Morphosys . Dieses Mal drückte eine vermeldete Kapitalerhöhung den zuletzt sprunghaft gestiegenen Kurs mit vier Prozent ins Minus. Innerhalb der Branche erging es Evotec deutlich besser: Eine Partnerschaft zwischen dem Wirkstoffforscher und der Charité Berlin ließ den Kurs um fast elf Prozent anspringen.
Beim Motorenbauer Deutz kam es mit einem Anstieg um 8,1 Prozent sehr gut an, dass dieser einige Aktivitäten vom Antriebssystem- und Großmotorenbauer Rolls Royce Power Systems übernehmen will. Der Kaufpreis im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich scheine ein Schnäppchen zu sein, sagte ein Händler.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verbuchte letztlich ein Plus von 0,2 Prozent. Auf Länderebene fielen zwei Börsen positiv auf: Der Pariser Leitindex Cac stieg um 0,6 Prozent und der Londoner FTSE 100 zog sogar um 1,3 Prozent an. Dort stand auch der Zinsentscheid der lokalen Notenbank im Fokus. In New York verbuchte der Dow Jones Industrial seine nächste Bestmarke. Zuletzt legte er auch moderat um 0,3 Prozent zu.
Der Euro reagierte am Donnerstag positiv auf die EZB-Entscheidung, indem er zuletzt exakt die Marke von 1,10 US-Dollar erreichte. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor deutlich tiefer auf 1,0919 (Mittwoch: 1,0787) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9158 Euro.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,24 Prozent am Vortag auf 2,08 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg im Gegenzug um 0,84 Prozent auf 127,89 Punkte. Für den Bund-Future ging es zuletzt knapp um 0,02 Prozent auf 136,36 Punkte nach oben./tih/men
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX --- |