21.03.2024-
ROUNDUP 2/Großaktionär MFE: ProSiebenSat.1 soll TV-Geschäft vom Rest abspalten
(neu: Reaktion ProSiebenSat.1, Aktienkurs)
MAILAND/AMSTERDAM (dpa-AFX) - Der ProSiebenSat.1-Großaktionär Media For Europe (MFE) aus Italien fordert die Aufspaltung des Medienkonzerns. Das wichtige Entertainment-Fernsehgeschäft solle von den "Randaktivitäten" E-Commerce und Dating separiert werden, um den Fokus auf das Kerngeschäft zu lenken, teilte der Mailänder Medienkonzern am Donnerstag mit. In diesem Zuge plädiert das Unternehmen um die Berlusconi-Familie auch für die Aufnahme eines auf Fusionen und Übernahmen spezialisierten Experten in den Aufsichtsrat. An der Börse langten Anleger zu.
Die ProSiebenSat.1-Aktie verteuerte sich am Vormittag zunächst um 6,7 Prozent und lag damit an der Spitze des SDax . Am Nachmittag notierten die Scheine dann noch 1,4 Prozent höher.
Eine Abspaltung würden zu zwei börsennotierten Unternehmen führen. Einen entsprechenden Vorschlag will MFE auf der ProSiebenSat.1-Hauptversammlung am 30. April einbringen. Für den "Beschluss zur Vorbereitung eines Abspaltungs- und Übernahmevertrags" ist die Zustimmung von mindestens 75 Prozent des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals vonnöten.
"Der ProSiebenSat.1-Vorstand hat wiederholt seine Absicht zur Separierung der Segmente geäußert, insoweit aber bislang keine wesentlichen Fortschritte erzielt", begründete der Großaktionär sein Anliegen. Bislang stand die schrittweise Trennung der Zusatzgeschäfte auf der Agenda. Dabei wollten ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets und Finanzchef Martin Mildner ihre Portfoliostücke aber nicht unter Wert verkaufen. Eine ProSiebenSat.1-Sprecherin bestätigte den Eingang des Gegenantrages zur Hauptversammlung. Dieser werde nun "intensiv geprüft", das Unternehmen wolle sich zu einem späteren Zeitpunkt detailliert rückmelden.
Der Medienkonzern nahe München ist in drei Segmente gegliedert: Das Entertainment-Geschäft mit dem Herzstück Joyn war 2023 für zwei Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich, vor allem durch Werbung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Rund 80 Prozent des um Sondereffekte bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) kommen aus dem Kerngeschäft. Mit einer Abspaltung würde ProSiebenSat.1 seine Perle offenlegen, während MFE einer möglichen Übernahme näher kommen würde.
Ein Dorn im Auge sind MFE dagegen die Dating-Sparte (ParshipMeet Group) sowie das E-Commerce-Geschäft mit Unternehmen wie Flaconi, Verivox und Jochen Schweizer Mydays - von all diesen soll sich ProSiebenSat.1 nach dem Willen von MFE verabschieden. Dabei waren es genau diese, die den Medienkonzern in der Corona-Pandemie über Wasser gehalten hatten, als es mit Erlösen durch Werbekunden immer schwieriger wurde.
Erst am Mittwoch hatte der ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef Andreas Wiele für einen schnellen Konzernumbau mit Fokus auf das Fernsehen und Streaming plädiert. "Ein Mischkonzern, der in vielen Bereichen tätig ist, hat noch nie funktioniert, vor allem nicht im Mediengeschäft", sagte Andreas Wiele im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Dabei betonte der Manager, dass eine Zerschlagung nicht Gegenstand der derzeitigen Strategie sei. Auch von dem nun vorgeschlagenen Weg in Richtung zweier börsennotierter Unternehmen war nicht die Rede.
Seit Jahren wird darüber spekuliert, wie stark sich MFE in die TV-Geschäfte von ProSiebenSat.1 einbringen will und wie viel Einfluss das Unternehmen auf Unterföhring haben darf. Chef des Mailänder Medienkonzerns ist Pier Silvio Berlusconi, Sohn des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. MFE betreibt unter anderem TV-Geschäfte in Italien und Spanien.
MFE schlug ferner am Donnerstag einen "unabhängigen" M&A- und Kapitalmarktexperten für die Wahl in den Aufsichtsrat vor. Zudem solle das seit 2015 im Gremium vertretene Aufsichtsratsmitglied Rolf Nonnenmacher durch einen "unabhängigen, erfahrenen Wirtschaftsprüfer" ersetzt werden.
Seit vergangenem Jahr vertritt die MFE-Managerin Katharina Behrends die Interessen der Mailänder in Unterföhring. Laut Website von ProSiebenSat.1 hält MFE rund 26 Prozent der Anteile. Der Medienkonzern PPF Group hat als
zweitgrößter ProSiebenSat.1-Aktionär Klara Brachtlova in den Aufsichtsrat entsandt./ngu/rin/stk/mis |