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18.11.2025 16:14

ROUNDUP 2: Lösung im Rentenstreit nicht in Sicht

(neu: mehr Details und Hintergrund)

BERLIN (dpa-AFX) - Im Rentenstreit der Koalition sind die Fronten trotz näher rückender Entscheidungsfrist verhärtet. Die Junge Gruppe der CDU/CSU-Fraktion pocht weiter auf Änderungen am geplanten Reformgesetz - die SPD lehnt diese ab.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte: "Ich gehe davon aus, dass wir das Rentenpaket, zu dem ja nicht nur die sogenannte Haltelinie (...) zählt, dass wir das gesamte Paket, so wie wir es in der Koalition geplant haben, auch noch in diesem Jahr verabschieden werden." Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion hält den Entwurf aber "im Moment nicht für zustimmungsfähig", sagte ihr Vorsitzender Pascal Reddig (CDU) dem "Stern" dagegen. "Daran hat sich natürlich nichts geändert." Die 18-köpfige Gruppe könnte die Reform durch ein geschlossenes Nein im Parlament scheitern lassen. Merz sagte bei seinem Antrittsbesuch im sachsen-anhaltischen Halle: "Wir führen im Augenblick natürlich Gespräche in der Koalition."

"Wer die Koalition gefährdet, sitzt in der Union"

Die für die Rente zuständige Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) winkte auf die Frage nach weiteren Kompromissmöglichkeiten ab. "Nein, es ist ja fest vereinbart", sagte die SPD-Chefin beim Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung". Zwar könnten Gesetzesvorlagen im Parlament grundsätzlich geändert werden. Doch bei der Rente gebe es eine "feste Vereinbarung". "Wenn das in den eigenen Reihen nicht kommuniziert wird, dass das so ist, ist das nicht mein Problem."

Zur geplanten Bundestagsabstimmung über das Gesetz sagte Bas: "Wenn das jetzt nicht gelingt, dann haben wir gar keine Reform - das hängt ja alles miteinander zusammen." Dann werde es "unruhig" werden. "Es ist schon unruhig. Machen wir uns nichts vor." Heftige Kritik übte Bas an der Jungen Gruppe der Unionsfraktion. "Wer gerade die Koalition gefährdet, sitzt in der Union." Sie sagte: "Das ist eine Gruppe, von der ich den Konflikt nicht ganz verstehe, der jetzt da hochgezogen wird." Aufgeführt werde "ein Popanz".

Um was es geht

Umstritten ist der Satz im Gesetzentwurf: "Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht." In der Konsequenz geht es darum, wie hoch die jeweils im Sommer stattfindenden Anpassungen der Renten in den Jahren ab 2032 ausfallen werden. Unstrittig ist, das das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent gehalten werden soll. Das ist das Verhältnis einer standardisierten Rente zu einem durchschnittlichen Einkommen. So ein Rentner hat 45 Jahre Beitragszahlung auf Durchschnittslohn-Basis.

Das Niveau, wie geplant, mit der sogenannten Haltelinie zu sichern, bedeutet, dass die Renten weiter mit den steigenden Einkommen Schritt halten. Es würde sonst sinken, da in den kommenden Jahren die Zahl der Rentenbeziehenden im Verhältnis zu der Zahl der Beitragszahlenden immer höher wird. Das liegt an den geburtenstarken Babyboomer-Jahrgängen ab Mitte der 50er Jahre mit jeweils mehr als einer Million Geborenen pro Jahr. Sie gehen fortan verstärkt in Rente. Ein sinkendes Rentenniveau bedeutet weniger stark steigende Renten. Bas bezeichnete die Haltelinie deshalb als "eine Armutspräventionsgrenze".

Warum die Zeit drängt

Im Dezember soll das Gesetz verabschiedet werden, weil es zum 1. Januar in Kraft treten soll. Auch die erweiterte Mütterrente soll mit diesem Gesetz beschlossen werden. Merz hatte zudem die Aktivrente genannt, die im Januar starten solle. Das gesamte Gesetzgebungspaket müsse noch durch den Bundestag. Die Aktivrente soll nach einer CDU-Idee steuerfreien Verdienst bis 2.000 Euro nach Renteneintrittsalter ermöglichen. Erreicht werden solle die Bundesratssitzung am 19. Dezember, so Merz. Bas sagte, Haltelinie und Mütterrente, Aktivrente, geplante Frühstartrente, Betriebsrentenstärkung und die geplante Riester-Reform hingen zusammen.

Reddig pochte aber weiter auf Änderungen. "Es gibt Lösungen, wenn auch die SPD ein Interesse daran hat." Auch der Vorsitzende der Jungen Union, der Abgeordnete Johannes Winkel, sagte in der ARD: "Man darf jetzt keine Vorfestlegung bis in die 30er-Jahre treffen mit über 120 Milliarden Euro, die jetzt beschlossen werden sollen."

Streitpunkt: Milliardenkosten

Winkel meinte damit die Kosten, die dem Bund entstehen sollen. Der Bund soll der Rentenversicherung laut Bas` Entwurf die Mehrkosten durch die Haltelinie erstatten. Auch die Rentenversicherung geht von dreistelligen Milliardenbeträgen aus - laut dem Vorsitzenden ihres Bundesvorstands, Alexander Gunkel, von rund 111 Milliarden Euro von Mitte 2032 an bis 2040. Dabei werden die Kosten für die einzelnen Jahre addiert. Bas argumentierte, der Staat müsse auch viel Geld bezahlen, wenn wegen Ausbleibens der Reform den Menschen ihre Rente nicht reiche - über die Grundsicherung im Alter.

SPD pocht auf Einhaltung von Kompromiss

Im Fall eines Renten-Scheiterns stellte Bas andere Beschlüsse der Koalition infrage. Zu bedenken sei, "was das für schwere Kompromisse für uns waren". Sie nannte etwa die Bürgergeldreform oder Einschränkungen beim Familiennachzug für Geflüchtete. "Wir haben gestanden."

"Hier geht's schon um einen Grundsatz, ob es uns gelingt, bei einem Sachthema beieinanderzubleiben - ja oder nein", sagte die SPD-Chefin. Die Zusammenarbeit mit Merz laufe überraschend gut. "Jetzt müssen wir nur noch schauen, dass die Fraktionen diese Zusammenarbeit umsetzen." Auch die SPD-Sozialpolitikerin Annika Klose will ihre Position zur Rente nicht ändern. "Denn das war einer unserer "big points" als SPD in diesem Koalitionsvertrag", sagte sie dem Sender Phoenix. In Richtung CDU-Führung fragte sie: "Habt Ihr das im Griff?"

Alle warten auf Rentenkommission

Merz, Bas und Winkel setzen nach jeweils eigenen Worten auf die Rentenkommission. Fest vorgenommen habe sich die Koalition, vor der Sommerpause 2026 noch eine weitergehende Rentenreform anzuschieben, so Bas. Diskutiert werde auch, wer künftig einzahlen solle. Die Arbeitsministerin erinnerte an ihren Vorschlag: "Alle gehören da hinein perspektivisch": Auch die junge Generation müsse mitdiskutieren. Sie selbst sei redebereit. "Daneben muss es einen politischen Prozess geben." Entwickelt werden soll laut Bas ein "deutsches Modell" mit Elementen aus Schwedens, Österreichs und Dänemarks jeweiligem Rentensystem./bw/DP/jha



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