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20.01.2025 17:15

ROUNDUP: Bund schont milliardenschwere Rücklage - Streit über Ukraine-Hilfen

BERLIN (dpa-AFX) - Der Bund hat im vergangenen Jahr eine milliardenschwere Rücklage im Haushalt geschont. Dabei geht es um eine Summe von 10,2 Milliarden Euro, wie das Finanzministerium zum vorläufigen Abschluss des Haushalts 2024 mitteilte. Politiker von Union, Grünen und FDP sehen deswegen umso mehr Spielraum für zusätzliche Ukraine-Hilfen von drei Milliarden Euro. Sie forderten Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, seine Blockade aufzugeben. Scholz wiederum verschärfte in dem Streit den Ton.

Haushaltsabschluss heizt Debatte um Ukraine-Hilfen an

Aktuell politisch umstritten sind zusätzliche, noch nicht im Haushaltsentwurf vorgesehene Hilfen für Waffenlieferungen an die Ukraine in Höhe von drei Milliarden Euro - diese könnten noch vor der Wahl am 23. Februar beschlossen werden. Scholz will nur zustimmen, wenn dafür die Schuldenbremse ausgesetzt wird. Er lehnt Einsparungen an anderer Stelle ab. Die Grünen sind wie FDP und Union der Meinung, dass eine Finanzierung der Ukraine-Hilfe über eine "außerplanmäßige Ausgabe" möglich ist, ohne an die Schuldenbremse heranzumüssen.

Der Unions-Chefhaushälter Christian Haase sagte mit Blick auf den Jahresabschluss 2024, die Finanzierung der Ukraine-Hilfen sei jetzt erst recht möglich, weil die Rücklage von über 10 Milliarden Euro nicht in Anspruch genommen wurde. "Bundeskanzler Scholz und die SPD sollten endlich ihren Ukraine-Schwindel beenden und aufhören, mit den Ängsten von Rentnern und Sozialleistungsempfängern zu spielen." Der FDP-Chefhaushälter Otto Fricke sagte, wer mit zusätzlichen 10,2 Milliarden Euro Rücklage in das neue Jahr starte, könne verfassungsrechtlich für die 3 Milliarden Ukraine-Hilfen keine außergewöhnliche Notlage fordern.

"Wer will, der findet Wege"

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, sagte mit Blick auf die Rücklage: "Die Finanzierung von drei Milliarden Euro für die Sicherheit der Ukraine aus dem Bundeshaushalt ist möglich, ohne dass an anderer Stelle gekürzt werden muss. Die Menschen in der Ukraine brauchen jetzt wirksamen Schutz gegen die brutalen Bombardements Putins." Die Erfahrung zeige auch, dass gerade in Jahren längerer vorläufiger Haushaltsführung der Mittelabfluss geringer sei als geplant. "Wer finanziell etwas im Bundeshaushalt will, der findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Ausreden. Dass Olaf Scholz weiter die Hilfe blockiert, hat viel mit dem deutschen Wahlkampf und wenig mit dem konkreten Bundeshaushalt und der bedrohlichen Situation in der Ukraine zu tun."

Scholz verschärft Ton

Scholz bezichtigte seine Widersacher der Lüge. "Ich habe das Gefühl, ich sage das hier so offen: Im Augenblick wird mit größter Intensität, großer Umsicht das deutsche Volk belogen", sagte er bei einer Veranstaltung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Frankfurt am Main. Auf die Nachfrage, von wem das Volk belogen werde, fügte der SPD-Kanzlerkandidat hinzu: "Von allen, die sich darum bemühen, eine Frage auszuklammern: Wie bezahlen wir es." Das gelte für die Politiker, die das machten, aber auch für alle anderen, die das nicht erörtern wollten.

Scholz will die zusätzliche Hilfe über einen neuen Kredit finanzieren und dafür die Schuldenbremse aussetzen. Insgesamt geht es nach Angaben des Kanzlers dabei um 12,5 Milliarden Euro Ukraine-Hilfe, die bereits in dem noch nicht beschlossenen Haushaltsplan für 2025 enthalten sind. Mit den zusätzlichen drei Milliarden wären es dann insgesamt 15,5 Milliarden, für die nach Vorstellungen der Sozialdemokraten ein neuer Kredit aufgenommen werden müsste.

Bund braucht Rücklage nicht

Ursprünglich hatte die Bundesregierung mit Blick auf eine schwierige Haushaltslage geplant, 2024 auf Mittel aus der Rücklage zurückzugreifen - und zwar in Höhe von 10,2 Milliarden Euro. Diese Rücklage wurde nun geschont. Hintergrund ist auch, dass sich im Rahmen der Schuldenbremse wegen der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung die sogenannte Konjunkturkomponente bei der Nettokreditaufnahme erhöhte. Insgesamt machte der Bund 33,3 Milliarden Euro neue Schulden und damit weniger aus ursprünglich geplant.

Wie es im Finanzministerium zum Jahresabschluss weiter hieß, wurden Mindereinnahmen bei Steuern durch Mehreinnahmen bei sogenannten Verwaltungs- und Münzeinnahmen kompensiert. Zudem gab es Mehreinnahmen bei Privatisierungserlösen. Der Bund hatte Aktien der Post sowie Telekom verkauft. Die Nato-Quote für Verteidigungsausgaben wurde mit 2,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Ein Nachtragshaushalt 2024, den die gescheiterte Ampel-Bundesregierung ursprünglich geplant hatte, ist nicht nötig, wie Finanzminister Jörg Kukies (SPD) bereits gesagt hatte.

Milliardenlöcher im Haushalt 2025

Für den Bundeshaushalt 2025 ergebe sich weiterhin ein erheblicher Handlungsbedarf, so das Finanzministerium. "Dieser beruht auf der schlechter als erwarteten konjunkturellen Entwicklung und den damit einhergehenden Steuermindereinnahmen und konjunkturell bedingte Mehrausgaben." Durch die Schonung der Rücklage gebe es deswegen keine neuen Spielräume, weil dies bereits Bestandteil der bisherigen Planung zum Bundeshaushalt war.

Scholz hatte das Loch im Haushalt 2025 auf 26 Milliarden Euro beziffert. Die Ampel-Regierung war vor allem daran gescheitert, dass sie sich nicht auf einen neuen Haushalt einigen konnte. Derzeit gilt eine vorläufige Haushaltsführung, bis der neue Bundestag einen Haushalt 2025 verabschiedet hat. Der Bund zahlt weiter Ausgaben, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist, wie zur Rente oder zum Bürgergeld. Für neue Projekte aber gibt es einen engeren Spielraum.

Eine neue Bundesregierung wird sich neben der Frage, wie Milliardenlöcher im Haushalt 2025 geschlossen werden sollen, vor allem damit befassen müssen, wir mittel- und langfristig mehr Geld für Verteidigung mobilisiert werden kann. Das nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine eingerichtete Sondervermögen von 100 Milliarden Euro dürfte 2027 ausgeschöpft sein./hoe/DP/nas



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