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17.01.2025 06:18

Seuchen-Verdachtsfall - Virus bedroht Tiere und Exportmärkte

BERLIN (dpa-AFX) - Banges Warten auf einen Laborbefund: Über den weiteren Verdachtsfall der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Brandenburg gibt es voraussichtlich heute Gewissheit. Sollte sich der Verdacht bestätigten, dürfte das die zuletzt vorsichtig geäußerte Zuversicht zerstören, das für Tiere hochansteckende Virus schnell eindämmen zu können. Warum die Seuche für Tiere so gefährlich ist und welche Folgen der Agrarbranche nun drohen:

Was ist die Maul- und Klauenseuche?

Verursacht wird die Krankheit durch ein Virus. Anstecken können sich vor allem Klauentiere wie Rinder und Schweine, Schafe und Ziegen. Die betroffenen Tiere haben hohes Fieber, starke Schmerzen und lahmen, außerdem bilden sich an Zunge und Lippen, an Klauen und Zitzen viele Bläschen.

Von der Infektion bis zu den ersten Symptomen dauert es nur zwei bis sieben Tage, deswegen kann sich die Seuche schnell ausbreiten. Tödlich verläuft sie nur selten, allerdings ist die Sterblichkeit bei Jungtieren höher. Tiere, die genesen sind, bleiben oft geschwächt. Kühe geben oft kaum noch Milch. Auch können diese Tiere das Virus noch lange Zeit ausscheiden.

Wie verbreitet sich die Seuche?

Das Virus kann monate- oder gar jahrelang infektiös bleiben, auch wenn es im Erdboden ist oder eingetrocknet. Es kann direkt von Tier zu Tier weitergegeben werden, etwa über den Atem, aber es kann sich auch über die Räder von Fahrzeugen oder an Schuhsohlen und Kleidung verbreiten. In Deutschland wurde das Virus vor dem aktuellen Fall zuletzt vor mehr als 35 Jahren nachgewiesen. Auch in der übrigen EU gab es zuvor seit Jahren keinen bestätigten Fall.

Ist die Seuche für den Menschen gefährlich?

Nein, das Virus stellt kein Risiko für die öffentliche Gesundheit dar. Normalerweise können sich Menschen auch nicht anstecken. Fleisch und Milch können bedenkenlos verzehrt werden. Fachleuten zufolge kam es ganz vereinzelt dazu, dass sich Menschen infiziert haben, die direkten, engen Kontakt zu erkrankten Tieren hatten. Aber auch dann verliefen diese Erkrankungen ziemlich harmlos mit milden Symptomen.

Oft wird die Maul- und Klauenseuche mit der Hand-Fuß-Mund-Krankheit verwechselt. Auch diese wird von Viren ausgelöst, aber ganz anderen. Die Symptome wie etwa Bläschen an den Schleimhäuten sind ähnlich - aber die Krankheiten haben nichts miteinander zu tun.

Gibt es einen Impfstoff gegen die Maul- und Klauenseuche?

Impfstoffe könnten anhand einer Impfstoffdatenbank in kurzer Zeit hergestellt werden. Solch eine Notimpfung hätte aber starke Handelsrestriktionen zur Folge, erklärte die Leiterin des Instituts für Epidemiologie am Friedrich-Loeffler-Institut, Carola Sauter-Louis. "Viele Drittländer wollen kein Risiko eingehen und wollen keine Importe aus Ländern, die impfen."

Was ist die Ursache für den Ausbruch?

Das ist noch nicht bekannt. Zwischen den beiden betroffenen Höfen liegen etwa zwölf Kilometer. Infrage kommen etwa Wildtiere wie Wildschweine, die das Virus von einem Ort zum anderen gebracht haben könnten. Aber das ist bislang reine Spekulation, einen Nachweis dafür gibt es nicht.

Häufige Verbreitungswege sind auch neu in die Herde eingeführte infizierte Tiere, kontaminierte Transportfahrzeuge oder Ausrüstung, mit dem Virus belastetes Futter oder Wasser. Das Virus kommt in manchen Gegenden der Welt verbreitet vor, unter anderem in verschiedenen Teilen Asiens. Von dort stammt auch der zuerst in Brandenburg aufgetauchte Virustyp.

Welche Folgen hat das Virus für die Landwirte?

Die Folgen für die betroffenen Landwirte als auch für die gesamte Agrarbranche sind verheerend. Sämtliche Tiere eines betroffenen Hofs werden getötet. Im aktuellen Fall wurden selbst auf einem Betrieb in Schöneiche (Landkreis Oder-Spree) Ziegen, Schafe und Rinder vorsorglich getötet, weil der Hof Heu vom betroffenen Ursprungsbetrieb aus Hönow bezogen hatte.

Der Deutsche Raiffeisenverband hat erstmals eine konkrete Schätzung zu den wirtschaftlichen Schäden abgegeben, die bisher insgesamt für die Agrarbranche infolge des Ausbruchs entstanden sind. "Entlang der Wertschöpfungskette gehen wir Stand heute bereits jetzt schon von einem Umsatz-Verlust in Höhe von einer Milliarde Euro aus", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Jörg Migende. Der Verband der Fleischwirtschaft war bisher von Schäden im mittleren dreistelligen Millionenbereich ausgegangen.

Wie kommen diese Schadenssummen zustande?

Das Problem ist vor allem der Export. Innerhalb der EU, wo die wichtigsten Abnehmer sitzen, kann der Handel mit tierischen Produkten aus Deutschland weitergehen. Hier herrscht das sogenannte Regionalisierungsprinzip. Das heißt, deutsche Produkte, die nicht aus den betroffenen Gebieten stammen, können in andere Mitgliedstaaten exportiert werden. Zu den großen Handelspartnern außerhalb der EU zählen Großbritannien, Südkorea und Vietnam. Sie haben bereits Importstopps für viele Produkte aus ganz Deutschland verhängt. Bauernpräsident Joachim Rukwied fürchtet, dass diese selbst bei rascher Eindämmung noch monatelang aufrechterhalten bleiben.

Der neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen nannte es problematisch, dass einige Staaten außerhalb der EU schon Importstopps für Fleisch aus ganz Deutschland verhängt haben. Es gelte nun, mit diesen Staaten in den Dialog zu gehen. Denn die Beschränkungen in Deutschland beträfen nur die Region in der Schutzzone, aber nicht die anderen Bundesländer. Der Kommissar wies zudem darauf hin, dass gemästete Tiere auch irgendwann geschlachtet werden müssten, sonst entstünde ein Problem an Schlachthöfen.

Welche Produkte sind besonders betroffen?

Besonders vom Export abhängig sind Schweinehalter. Noch Anfang dieser Woche sprach die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) von überschaubaren Auswirkungen der Tierseuche auf den deutschen Schweinemarkt. Aber diese Einschätzung habe sich inzwischen geändert, sagte ein ISN-Sprecher. "Das Geschehen ist hochdynamisch." Allerdings gehen 80 Prozent der Exporte in EU-Länder, wo Restriktionen noch geringer ausfallen.

Auf den Rindfleischmarkt habe der Ausbruch der Seuche bislang kaum Auswirkungen gehabt, sagt der Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Albert Hortmann-Scholten. Der Sektor sei nicht so exportabhängig wie der Schweinefleischmarkt. Es gelte aber für Kälber derzeit ein Importverbot für die Niederlande.

Auch der Markt für Molkereiprodukte hat inzwischen die Auswirkungen des MKS-Ausbruchs zu spüren bekommen. Länder außerhalb der EU haben ein Einfuhrverbot für Milchprodukte verhängt, erklärt Hortmann-Scholten. Deutschland sei nach den USA der zweitgrößte Käseproduzent der Welt.

Werden Butter und Milch jetzt billiger?

Branchenexperten können sich vorstellen, dass einige Produkte im Supermarkt wie Butter und Milch wegen der Seuche für Verbraucher etwas günstiger werden könnten, allerdings erst mit ein paar Wochen Verzögerung. "Weil nicht die komplette Ware wie vorher abverkauft werden kann, kommt es zu einem Überangebot", sagt der Agrarmarktexperte des Thünen-Instituts, Josef Efken. Dadurch würden bei Landwirten die Preise für Milch und Schlachtschweine sinken./maa/dd/eks/DP/mis



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