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17.01.2025 06:14

ROUNDUP/Zwölf Stunden mit Scholz und Habeck: U-Ausschuss endet

BERLIN (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ihre Entscheidungen zum Atomausstieg verteidigt. Als letzter Zeuge stand Kanzler Scholz den Abgeordneten bis zum späten Donnerstagabend Rede und Antwort, nachdem der Ausschuss Habeck zuvor fast neun Stunden lang befragt hatte. Die Union, die den Untersuchungsausschuss beantragt hatte, kam auch am Ende aller Zeugenanhörungen zu dem Schluss, dass die Entscheidungen rund um den Weiterbetrieb der drei letzten deutschen Atomkraftwerke im Jahr 2022 letztendlich "ideologiegetrieben" waren.

"Alle wesentlichen Köpfe in diesen Ministerien sind einfach ideologisch besetzt. Und deswegen war aus unserer Sicht eben auch nie eine ergebnisoffene Prüfung möglich", schlussfolgerte der CSU-Politiker Andreas Lenz mit Blick auf Habecks Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium der ebenfalls grünen Ministerin Steffi Lemke.

Der FDP-Politiker Frank Schäffler sagte, es sei deutlich geworden, dass die Grünen das Land "hinter die Fichte" geführt hätten. Sie hätten immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, sagte er mit Blick auf Prüfungen zum Weiterbetrieb der Atommeiler.

Scholz verteidigt Atomausstieg als "richtig"

Scholz verteidigte dagegen die Entscheidungen aus dem Jahr 2022 und bezeichnete den Atomausstieg als "richtig". Eine mehrjährige Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken wäre "gegen den Konsens" aus den Vorjahren und der vorherigen Bundesregierungen gewesen, betonte der Kanzler.

Zugleich sei er im Oktober 2022 nach einer Schalte mit den Betreibern von Atomkraftwerken und den beiden Ministern für Finanzen und Wirtschaft zu dem Schluss gekommen, dass es die "sinnvollste Lösung" sei, die Atomkraftwerke im Streckbetrieb noch bis Mitte April 2023 laufen zu lassen. "Mein Ziel war, die Sicherheit der Energieversorgung unter allen Umständen zu gewährleisten", sagte Scholz. Deshalb sei es sowohl im Umwelt- als auch im Wirtschaftsministerium damals darum gegangen, die Weiternutzung der Atomkraftwerke "ergebnisoffen" zu prüfen.

Rund um den Punkt der "ergebnisoffenen Prüfung", eine der Kernfragen im Untersuchungsausschuss, hatte es zuvor einen lebendigen Schlagabtausch zwischen den Fragestellern und Bundeswirtschaftsminister Habeck gegeben. Habeck wehrte sich gegen Anschuldigungen, er und sein Ministerium hätten in der Energiekrise nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine einen Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland nicht ergebnisoffen geprüft. "Es gab keine Denkverbote", sagte er. Der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke sei ohne ideologische Vorfestlegungen geprüft worden. Die einzige Frage sei gewesen, ob es der Versorgungssicherheit helfe und umsetzbar sei.

Habeck geht in Offensive

Habeck war im U-Ausschuss als vorletzter Zeuge vor Scholz geladen. Der Grünen-Kanzlerkandidat trat angriffslustig auf und ging mehrfach in die Offensive. Er warf den unionsgeführten Vorgängerregierungen vor, Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas geführt zu haben. Die im Jahr 2022 drohende Gasmangellage sei von manchen Akteuren vorgeschoben worden, um den Atomausstieg zu revidieren. Auch während der Befragung äußerte Habeck den Verdacht, dass es den Fragestellern mehr um eine Pro-Atom-Agenda gehe als um wirkliche Aufklärung.

Eine längerfristige Laufzeitverlängerung hätte auf Drängen der FDP bis zum Jahr 2024 gereicht, betonte Habeck. Mit neuen Brennstäben hätte man die Atomkraftwerke nach seinen damaligen Informationen wohl drei bis fünf weitere Jahre laufenlassen müssen. Das sei für ihn keine Option gewesen. Auch Scholz machte bei seiner Befragung klar, dass eine längerfristige Laufzeitverlängerung mit neuen Brennstäben für ihn nie infrage gekommen sei.

Atomkraftwerke länger laufenlassen?

Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine war die Bundesregierung alarmiert wegen der hohen Abhängigkeit von fossilen Energien aus Russland. Zudem wurden Forderungen laut, die drei noch verbliebenen Kernkraftwerke über das Jahresende 2022 hinaus am Netz zu lassen. Im Jahr 2011 hatte die damalige schwarz-gelbe Regierung nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima einen schrittweisen deutschen Atomausstieg bis Ende 2022 beschlossen.

Im März 2022 ergab dann eine gemeinsame Prüfung von Wirtschafts- und Umweltministerium, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der noch verbliebenen Atomkraftwerke nur einen "sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken". Umweltministerin Lemke argumentierte bei ihrer Befragung am Mittwoch, dass für ihr Haus als oberste Atomaufsichtsbehörde die nukleare Sicherheit bei allen Abwägungen immer höchste Priorität genossen habe.

Die Sicherheitsfragen hätten in der Debatte um die Laufzeitverlängerungen eine viel zu geringe Rolle gespielt, beklagte die Ministerin. Auch Scholz verwies bei seiner Befragung auf die "verheerenden Risiken", die die Nutzung von Atomkraft berge.

Streit in der Koalition und Machtwort des Kanzlers

Und dennoch sei es im Sinne der Versorgungssicherheit letztendlich richtig gewesen, die drei letzten Atomkraftwerke noch einige Monate länger laufen zu lassen, argumentierte Scholz. Die letzten drei Meiler liefen dreieinhalb Monate länger als ursprünglich geplant - der Atomausstieg verschob sich vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023. Davor hatte es nach einem Streit innerhalb der damaligen Ampel-Koalition ein Machtwort des Kanzlers am 17. Oktober 2022 gegeben.

Auch dieses Machtwort verteidigte Scholz mehrfach im Ausschuss. Er betonte, dass es sonst nicht möglich gewesen sei, eine Lösung herbeizuführen. Weder mit Habeck noch mit dem damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hätte es in einer für Deutschland sehr ernsten Lage mit potenzieller Energie-Unterversorgung eine Einigung geben können, sagte Scholz. Ihm sei klar geworden: "Das muss ich schon auf meine Kappe nehmen." Beide Minister seien vorab über die Entscheidung, dass der Kanzler die Frage per Richtlinienkompetenz klären wolle, informiert worden.

Habeck hatte zuvor ausgesagt, sich nicht mehr daran zu erinnern, ob er informiert worden sei. Eine von vielen kleinen Abweichungen, die der Ausschuss auch nach 40 Zeugenbefragungen nicht gänzlich auflösen konnte. Auch die Positionen blieben bis zuletzt konträr. Während Grüne und SPD am Ende keine Beweise für ein in erster Linie ideologiegetriebenes Handeln der beiden Ministerien sehen, spricht die Union bis zuletzt von einem "großangelegten Täuschungsmanöver".

Ob sich dieser Begriff auch im Abschlussbericht finden wird, wird sich zeigen. Sobald die Stellungnahmen aus allen Fraktionen vorliegen, soll er noch im Februar der Bundestagspräsidentin vorgelegt werden./faa/DP/mis



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